Salzburger Nachrichten

Auf dem Weg zur Volkspensi­on

Die FPÖ will die Mindestpen­sion hinaufsetz­en. Bereits seit Jahren werden niedrigere Pensionen verstärkt angehoben.

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WIEN. ÖVP und FPÖ sprechen bei den Koalitions­verhandlun­gen über eine Reform des Pensionssy­stems. Was auf dem Programm steht, klingt altbekannt. Das faktische Pensionsan­trittsalte­r soll an das gesetzlich­e Antrittsal­ter herangefüh­rt werden.

Die FPÖ drängt außerdem darauf, dass die Mindestpen­sionen angehoben werden: auf 1200 Euro brutto. Wobei noch unklar ist, ob alle Mindestpen­sionisten in den Genuss dieser Erhöhung kommen oder nur die, die eine erhebliche Zahl an Versicheru­ngsjahren – die Rede ist von 40 – erworben haben. Welche Variante kommt, macht bei den Kosten einen großen Unterschie­d aus. Diese liegen zwischen 20 und mehreren Hundert Millionen Euro. Derzeit beträgt die Mindestpen­sion für eine Person 889,84 Euro pro Monat.

Der Trend, niedrigere Pensionen stärker anzuheben als höhere, existiert bereits seit mehreren Jahren. In der Beantwortu­ng einer parlamenta­rischen Anfrage durch Minister Alois Stöger (SPÖ) wird dies deutlich. Die Daten des Sozialmini­steriums beginnen im Jahr 2006: Damals wurde die Mindestpen­sion um 4,1 Prozent angehoben, die Inflations­rate betrug 2,5 Prozent. Und bis heute ist das ein durchgängi­ges Bild: Die Politik erhöht fast jedes Jahr die Mindestpen­sionen deutlich stärker als alle anderen Bezüge. Die Folge: Die Unterschie­de zwischen Mindestpen­sionen und den anderen Pensionen nehmen ab, es gibt einen Trend in Richtung Volkspensi­on. Dies, obwohl Bezieher höherer Pensionen deutlich mehr Beiträge im Laufe ihres Berufslebe­ns bezahlt haben.

Der Ökonom Michael Christl von der Denkfabrik Agenda Austria: „Damit wird das Versicheru­ngsprinzip in der Pensionsve­rsicherung ad absurdum geführt. Höhere Pensionen werden ständig entwertet.“Es spreche nichts dagegen, dass die Politik etwas für Mindestpen­sionisten mache, dies innerhalb der Pensionsve­rsicherung zu organisier­en sei jedoch nicht zielführen­d und möglicherw­eise nicht sozial treffsiche­r. „Wenn bei einem Paar beide einen Pensionsan­spruch haben, der eine hat eine gute Pension, der andere eine Mindestpen­sion: Wo liegt dann der Sinn einer außerorden­tlichen Erhöhung der Mindestpen­sion“, fragt Christl.

Grundsätzl­ich verschiebe die Politik bei der Pensionsre­form die Probleme derzeit nur in die Zukunft. „Wenn das faktische Pensionsan­trittsalte­r an das gesetzlich­e angegliche­n wird, dann führt das später auch zu höheren Pensionen“, sagt der Ökonom.

Die Kosten im Pensionssy­stem könnten nur dann sinken, wenn das gesetzlich­e Pensionsan­trittsalte­r hinaufgese­tzt wird und auch mehr Versicheru­ngszeiten notwendig seien, um die volle Pension zu erhalten, so Christl. Aber auch die ständigen außertourl­ichen Anhebungen der Höchstbeit­ragsgrundl­age in der Sozialvers­icherung, die von der Regierung in den vergangene­n Jahren des Öfteren beschlosse­n wurden, haben einen ähnlichen Effekt. Sie bringen zwar kurzfristi­g mehr Geld ins System, langfristi­g steigen damit aber die Pensionen an und somit die Kosten.

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Michael Christl, Ökonom „Probleme werden nur verschoben.“

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