Als aus dem Sand die Stadt Tel Aviv erstand
Fotos aus den Jahren 1932 bis 1936 bieten eine Zeitreise nach „Israel before Israel“.
WIEN. Unternehmungslustig war er, der junge Mann aus Polen, und er konnte es sich auch leisten. Ze’ev Wilhelm Aleksandrowicz wurde 1905 in Krakau geboren, sein Vater war ein bekannter Papiergroßhändler und gesellschaftlich hoch angesehen. Zum Studium wurde Ze’ev nach Basel und Wien geschickt, wo der junge Pole sogar der schlagenden jüdischen Studentenverbindung beitrat. Zum Studienabschluss kam es nicht. Seit Ze’ev von einer Tante einen Fotoapparat geschenkt erhielt, war das Interesse am Metier geweckt. Der reisefreudige junge Mann erwies sich – obwohl Amateur – als begabter Fotograf. Seine Ausflüge führten ihn bis nach Japan. Auf drei Reisen nach Israel entstand eine Unzahl Aufnahmen, einige davon wurden gar in einer amerikanischen Zeitschrift veröffentlicht. Und Aleksandrowicz ließ sich in Israel nieder und heiratete. Niemand weiß, warum er die Kamera nach der Hochzeit beiseitelegte, aber danach war es aus mit der Fotografie. Er starb 1992. Umso größer war die Überraschung, als die Familie Jahre nach dem Tod, 2003, in Tel Aviv einen Koffer entdeckte, der rund 15.000 Negative und Filmrollen barg.
Eine Entdeckung fürwahr. Denn Aleksandrowicz war im „richtigen Moment“in Palästina, genauer in Tel Aviv, das erst 1909 als Vorort von Jaffa gegründet worden war. Die heute weltberühmte „Weiße Stadt“war in den 1930ern vor allem eine große Baustelle, die Häuser wirkten ob des sachlichen Bauhaus-Stils aber sehr modern. Ze’ev Aleksandrowicz fotografierte nicht nur die Arbeiter, welche die Straßen pflasterten oder die ersten Strommasten technisch bestückten, er stand auch an der Yarkon-Mündung, wo Kamele mit Sandsäcken beladen wurden für den Transport zu den Baustellen. Exotisch wirkende Beduinen reizten ihn ebenso wie das Straßenleben mit modisch gekleideten Leuten. Unter der jüdischen Bevölkerung von „Eretz Israel“, vielfach von Europa und Russland zugezogen, herrschte eine Stimmung des Neubeginns. Mit der Machtergreifung der Nazis in Deutschland 1933 vervielfachte sich die Bevölkerung. Wenn Ze’ev Aleksandrowicz fotografierte, kam er den Menschen nahe, was die Unmittelbarkeit der Bilder verstärkt. Und es war nicht nur das jüdische Leben, das ihn anzog, da grenzte er die bekämpfte arabische Bevölkerung nicht aus.
Kuratorin Andrea Winklbauer hat aus den 15.000 Fotografien rund zwei Dutzend ausgesucht für die Wandbestückung, eine große Zahl weiterer Fotos wird an die Decke projiziert, wofür man sich – quasi wie in Tel Aviv – in einem Liegestuhl bequem niederlassen kann. Übrigens sind die Aleksandrowicz-Fotos heute digitalisiert und über die Website der National Library of Israel online zugänglich. Ausstellung: