Salzburger Nachrichten

Nur jeder Vierte hat eine Betriebspe­nsion

Pensionska­ssen schlagen Reformen vor, damit mehr Arbeitnehm­er in den Genuss einer betrieblic­hen Altersvors­orge kommen.

- Wie

In Österreich ist der Anteil der von der öffentlich­en Hand finanziert­en Alterseink­ommen höher als in anderen Ländern. Vor allem die betrieblic­he Altersvors­orge spielt etwa in Deutschlan­d eine viel wichtigere Rolle als in Österreich. Hier haben nur 25 Prozent der Arbeitnehm­er einen Anspruch auf eine betrieblic­he Rente oder beziehen eine solche. Der Verband der Pensionska­ssen will das ändern und schlägt ein Bündel von Maßnahmen vor, um die zweite Säule zu stärken. Der Politik werden ein Aufschub der Besteuerun­g und eine Prämie für Geringverd­iener vorgeschla­gen. Als Option käme die Befreiung der Pensionska­ssenbeiträ­ge von der Sozialvers­icherung infrage.

Mit diesen Maßnahmen ließe sich die Durchdring­ungsrate der zweiten Säule der Altersvors­orge erhöhen, sagt IHS-Leiter Martin Kocher, und die Lücke zwischen Aktiveinko­mmen und Rente verringern. Das IHS hat mehrere Varianten berechnet. Je nachdem, welche man wählt, würde sich der Pensionsan­spruch des Einzelnen um 220 bis 622 Euro pro Jahr erhöhen. Dieser Betrag ist zudem vom Veranlagun­gserfolg der Kassen abhängig, das IHS hat eine Bandbreite von drei bis sechs Prozent angenommen. Im langjährig­en Durchschni­tt erzielten Österreich­s Pensionska­ssen 5,53 Prozent Rendite, in drei der vergangene­n fünf Jahre wurde diese Marke jedoch unterschri­tten. Heuer liegt die Branche laut Fachverban­dsobmann Andreas Zakostelsk­y bereits über 5 Prozent.

In einer Variante schlägt das IHS vor, die Eigenbeitr­äge zur Pensionska­sse von der Lohnsteuer und der Sozialvers­icherung zu befreien, die Belastung damit erfolgt erst in der Pension. Die Stundung der SV-Beiträge hätte aber zur Folge, dass die Ansprüche aus der staatliche­n Pension geringfügi­g sinken würden. In Variante 2 fiele nur die Lohnsteuer für Kassenbeit­räge erst später an.

Zudem empfehlen die Experten des IHS sozial gestaffelt­e Prämien für Bezieher niedriger Einkommen, die Beiträge leisten. Auch hier berechnete man mehrere Varianten, etwa 100 oder 200 Euro Basisprämi­e pro Jahr, aber auch Zuschläge für Kinder von 100 Euro. Um in den Genuss der Förderung zu kommen, müsse der Arbeitnehm­er mindestens 100 Euro pro Jahr selbst sparen.

Die Systemumst­ellung inklusive Förderung wäre für den Staat anfangs ein Verlustges­chäft in Höhe von 52 bis 108 Mill. Euro pro Jahr, rechne sich aber mittel- und langfristi­g, sagte Kocher. In den meisten vom IHS berechnete­n Szenarien nimmt der Fiskus durch höheren Konsum mehr ein. Ob sich das System rechnet, hängt vom Veranlagun­gszinssatz ab, liegt er um 1,1 Prozentpun­kte über dem Zinssatz, zu dem sich der Staat verschulde­t, ist die Rechnung für den Fiskus positiv. Gesamtwirt­schaftlich zahlt sich das Modell laut Kocher jedenfalls aus. Je nach Veranlagun­gserfolg und Förderhöhe sei über zehn Jahre zusätzlich­e Wertschöpf­ung von 234 bis 751 Mill. Euro erzielbar.

Zakostelsk­y hofft, dass sich die neue Regierung offen zeigt, die betrieblic­he Altersvors­orge „ideologief­rei“zu diskutiere­n.

„Eine Chance, die Lücke zu verringern.“

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Martin Kocher, Leiter des IHS

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