Die innere Uhr steuert die Wundheilung
Wer sich gleich am Beginn des Tages verletzt, kann sich auf eine schnelle Genesung freuen.
LONDON, WIEN. Manche Menschen schwören darauf, dass man nur beim abnehmenden Mond Operationen durchführen lassen soll. Denn nimmt der Mond gerade zu, würden Wunden stärker bluten. So heißt es jedenfalls im alten Mondkalender. Nun kann man daran glauben oder nicht. Bekanntlich bewirken die Selbstheilungskräfte ja wahre Wunder.
Wissenschaftlich beweisbar hingegen ist, dass der Mensch – auch – einer inneren Uhr folgt. Man kann dazu auch Biorhythmus sagen. Organe, Atmung, der gesamte menschliche Organismus schwingt in einem bestimmten Takt, der sich nach Tag und Nacht orientiert.
Das ist auch der Grund, warum Wunden mal besser, mal schlechter heilen. Das hat natürlich in erster Linie mit dem Alter des Verletzten zu tun: Ein junger Organismus kann wegen seines schnellen Zellwachstums einen viel kräftigeren Reparaturmechanismus einsetzen als ein älterer Körper, bei dem die Zellteilung bereits langsamer abläuft. Auch chronisch Kranke wie Diabetiker müssen bei der Wundheilung Geduld haben. Britische Forscher fanden heraus, dass eine erfolgreiche Wundheilung offenbar auch etwas mit der Tageszeit zu tun hat.
Damit eine Wunde heilen kann, müssen sogenannte Fibroblasten in die verletzten Areale wandern und sich dort vermehren. Fibroblasten sind Zellen und Hauptbestandteil des Bindegewebes. Sie vermehren sich sofort intensiv, sobald der Körper eine Verletzung wie zum Beispiel eine Schnittwunde wahrnimmt. In Versuchen mit Mäusen entdeckten die Forscher nun, dass diese Reparaturzellen stärker in die Wunde einwandern, wenn diese den Mäusen während der Wachphase zugefügt wurde.
Wer sich also beim Zubereiten seines Mittagessens schneidet, kann sich auf einen schnelleren Heilungsverlauf freuen als derjenige, der sich beim mitternächtlichen Käsesnack in den Finger säbelt.
Außerdem bildeten sich tagsüber mehr Kollagene, das sind wichtige Proteinfasern, um die Stützstruktur der Haut aufzubauen. Die Forscher analysierten laut WissenschaftsOnlinemagazin „Laborwelt“auch Daten von 118 Patienten, die Hautverbrennungen erlitten hatten. Zogen sich die Menschen tagsüber eine Verbrennung zu, brauchten die Wunden im Durchschnitt nur 17 Tage für die Heilung. In der Nacht aufgetretene Brandwunden hingegen benötigten rund 28 Tage. Um elf Tage länger.
Die Erkenntnisse über den Einfluss der inneren Uhr auf die Wundheilung könnten in Zukunft zum Beispiel über den Zeitpunkt für Operationen entscheiden. Und nicht der Mondkalender.