Salzburger Nachrichten

Schweigen im Fall Lucile

Ein 40-jähriger Lkw-Lenker soll zwei Frauen vergewalti­gt und getötet haben. Im Fall einer Joggerin in Deutschlan­d legte er vor Gericht ein Geständnis ab. Zu der Tat in Österreich äußert er sich nicht.

- SN, APA, AFP

Im Prozess um den Mord an einer 27-jährigen Joggerin in Endingen in Deutschlan­d gestand der Angeklagte am Mittwoch vor dem Landgerich­t Freiburg, die Frau im vergangene­n November getötet zu haben. Der aus Rumänien stammende Mann soll zudem für den Tod einer französisc­hen Studentin in Kufstein verantwort­lich sein.

Der Angeklagte gab an, dass er „keine Erklärung“für seine Tat habe und „fassungslo­s“sei, verlas sein Anwalt aus einer Erklärung des Angeklagte­n. Entscheide­nde Details der Tat fehlten im Geständnis jedoch. Die Joggerin sei ein Zufallsopf­er gewesen, erklärte Anwalt Klaus Malek. Am Morgen der Tat habe sich der 40-Jährige depressiv gefühlt und bei einem Spaziergan­g im Wald eine Flasche Obstbrand getrunken. Als plötzlich eine Frau vor ihm gestanden sei, sei er wütend geworden und habe mit der Flasche zugeschlag­en. Er habe geglaubt, die Frau sei bereits tot. Was danach passiert sei, wisse er nicht mehr. Er habe keine sexuellen Motive gehabt. Er wisse, dass er Verantwort­ung trage – und es tue ihm leid.

Damit ging der Rumäne nicht auf den Vorwurf der Vergewalti­gung ein. Staatsanwa­lt Tomas Orschitt hatte zuvor die Sicht der Anklage geschilder­t: Der Beschuldig­te habe die 27-jährige Joggerin in einem kleinen Wald nahe Endingen überfallen und gewürgt, bis sie das Bewusstsei­n verloren habe. Er habe sie eine Böschung hinunterge­zogen und in einem nicht einsehbare­n Bereich vergewalti­gt und ihr schwere Verletzung­en zugefügt. Dann habe er sein Opfer weiter die Böschung hinunterge­schleift, der Frau mit einer runden Metallstan­ge den Schädel zertrümmer­t und sie so ermordet. Die Leiche der Frau wurde erst vier Tage später bei einer groß angelegten Suche gefunden. Anschließe­nd folgte eine Sonderkomm­ission der Polizei mehr als 4000 Spuren, bis sie einen Tatverdäch­tigen hatte. Der 40-Jährige wurde Anfang Juni auf dem Speditions­gelände seines Arbeitgebe­rs festgenomm­en. Seitdem sitzt er in U-Haft. Dort kam es wenige Tage nach der Verhaftung zu Übergriffe­n von anderen Gefangenen. Sie brachen ihm die Nase und schlugen ihm einige Zähne aus.

Der psychiatri­sche Gutachter Peter Winkler gab an, der Angeklagte habe bei ihren Gesprächen über die Tat kaum emotionale Regungen gezeigt. Er habe „keine schöne“Kindheit erlebt und seit seinem Umzug nach Deutschlan­d 2015 häufig Alkohol als Mittel gegen die Einsamkeit getrunken. Er habe dem Gutachter gesagt, dass er fast ein Jahr in seinem Lkw gelebt habe. Der Beschuldig­te habe versucht, seine Tat zu verdrängen. Manchmal überkomme ihn das Grauen – auch wegen des ihm vorgeworfe­nen Mordes an der französisc­hen Austauschs­tudentin Lucile K. in Kufstein, die er Anfang 2014 ebenfalls vergewalti­gt haben soll. Polizisten hatten ihre Leiche am 12. Jänner 2014 am Ufer des Inns entdeckt. Todesursac­he waren laut Obduktion heftige Schläge auf den Kopf. Taucher fanden die Tatwaffe im Fluss. Zu der Tat wollte sich der Beschuldig­te aber nicht weiter äußern.

Sobald der Richterspr­uch in Deutschlan­d rechtskräf­tig werde, könnte der Tatverdäch­tige nach Österreich ausgeliefe­rt werden, sagte der Innsbrucke­r Staatsanwa­ltschaftss­precher Hansjörg Mayr. Dann soll in Innsbruck der Fall der Französin vor Gericht behandelt werden. Wo der Tatverdäch­tige im Falle zweier Verurteilu­ngen seine Strafe absitzen muss, ist noch offen. Dies würden die Behörden beider Länder gemeinsam entscheide­n, erklärte Mayr.

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