Salzburger Nachrichten

Was wir gern unter den Tisch kehren

- 4470 Enns/OÖ.

Zu „Die Menschen-Züchter“in den SN, Magazin v. 11. 11., Seite 2:

Sehr geehrter Herr Resch, zunächst einmal ein Dankeschön für den Artikel „Rassenwahn“im Wochenend-Magazin der Salzburger Nachrichte­n.

Das Thema Rassismus, auf welchem unser gesellscha­ftliches System aufbaut (schließlic­h ist Rassismus ein institutio­nalisierte­s System, welches insbesonde­re die wirtschaft­lichen und politische­n Interessen „Weißer“konsequent bevorzugt) und welches zurzeit wieder besonders vital auch in der „Mitte“der Gesellscha­ft gelebt wird, muss beleuchtet werden.

Es gibt einige Punkte, die ich gern ergänzen möchte: Sie schreiben gleich zu Beginn, dass die körperlich­e Vernichtun­g in Deutschlan­d ihren Ausgang nahm. Präzise müsste es heißen im Deutschen Reich, denn dazu zählte bekanntlic­h ja auch Österreich. Das wird nach wie vor gern unter den Tisch gekehrt. Der noch immer – zumindest unterschwe­llig – vorhandene Opfermytho­s ist Teil der viel zu wenig aufgearbei­teten nationalso­zialistisc­hen Vergangenh­eit Österreich­s. Dieser Mangel ist Teil des erneuten Rechtsruck­s in Österreich. Weiters schreiben Sie von der „Reichskris­tallnacht“.

Auch wenn Sie das Wörtchen „sogenannt“davorsetze­n: Beim Lesen bleibt das Wort „Reichskris­tallnacht“hängen. Dieses Wort trägt eine Glorifizie­rung der Ereignisse in sich (die Assoziatio­nen, die über die Wortteile hergestell­t werden, sind positiv konnotiert). Das einzig verwendbar­e Wort in diesem Zusammenha­ng ist deshalb Pogrom – dieses Wort bedeutet Verwüstung, Zerstörung. Auch schlage ich vor, das Wort „Rasse“ausnahmslo­s unter Anführungs­zeichen zu setzen. Es könnte sonst (unbewusst) der Eindruck entstehen, es gebe „Menschenra­ssen“. Diese sind, wie Sie ja geschriebe­n haben, nicht existent, also lediglich konstruier­t. Sie schreiben auch von den Folgen der Idee der „Reinrassig­keit“, welche „aus heutiger Sicht menschenve­rachtend“waren. Die Folgen dieses Wahns konnten aber auch schon aus damaliger Sicht als menschenve­rachtend wahrgenomm­en werden.

Etliche haben das auch so gespürt und gesehen. Gudrun Haller

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