Hat Linz bereits die Nase vorn?
Salzburg sah sich lang als führend unter den Landeshauptstädten. Die Zeichen mehren sich, dass man mittlerweile von Linz übertrumpft wurde.
Salzburg (155.000 Einwohner) ist die viertgrößte Landeshauptstadt. Dennoch ist es unter den Regionalmetropolen lang sehr selbstsicher aufgetreten. Denn man konnte sich auf „Bringer“wie Festspiele, Mozart-Mythos, den Touristen-Magneten „Sound of Music“sowie das Weltkulturerbe verlassen. Reicht das im 21. Jahrhundert noch? Denn andere holen auf, wie sich an Linz zeigt. Verkehr: Während die „Stauhauptstadt“Salzburg weiter über eine Stadtregionalbahn streitet, hat Linz (203.000 Einwohner) investiert: Die Straßenbahn fährt zur Stoßzeit im Zentrum im 80Sekunden-Takt. Der Bau einer zweiten, großteils unterirdischen Bim-Achse ist fix. Schon jetzt bindet sie Traun samt PlusCity an. Und die ersten der 20 gekauften XXL-Obusse sind ausgeliefert. In Salzburg wird derweil weiter diskutiert, ob eine Obus-Ausweitung ins Umland sinnvoll ist. Auch bei den Straßen ist Linz am Ausbauen: Der Westring kommt; 2018 startet die Verbreiterung der Autobahn-Brücke. Verkehrsplaner Günther Penetzdorfer wünscht sich daher, auch mit dem Verweis auf Linz, vom nächsten Salzburger Bürgermeister drei Dinge: „Es braucht Vorrang für den Obus. Der Sommerfahrplan muss Geschichte sein.“Und der geplante Regionalbusterminal wäre auch hilfreich. Universitäten: Auch bei den Unis ist Linz auf der Überholspur. 2014 hat dort jene vom Bund finanzierte Medizin-Fakultät den Betrieb gestartet, um die Salzburg 30 Jahre vergeblich gekämpft hat. Ab 2018 erhält die Linzer Kepler-Uni einen Ausbau um 46 Millionen Euro. Außerdem wurde Ende 2015 der neue Standort der Bruckner-Musikuni am Pöstlingberg eröffnet. An der Salzburger Uni ist man schon froh, wenn das Land hin und wieder bei einer Professur mitzahlt. Auch fast zwei Drittel des 25 Mill. Euro teuren Laborgebäudes in Itzling musste die Uni selbst stemmen. Uni-Vizerektor Rudolf Feik ist um Wünsche an den neuen Stadtchef nicht verlegen: „Andere Städte bieten eine umfassende Refundierung der Grundsteuer für Immobilien, die ,ihre‘ Uni nutzt.“Auch mehr Geld für den Ausbau der Computerwissenschaften wäre schön. „Und ein Neubau des ZGIS-Gebäudes um 4,5 Millionen Euro sowie der Ausbau der Biologie an der NaWi wird einige Millionen kosten.“ Infrastruktur: Aktuell verfügt Linz über vier öffentliche sowie vier Ordensspitäler. Weiters gibt es seit Jahren vier Hallenbäder (Salzburg: eines) und sieben Freibäder (Salzburg: drei). Außerdem gibt es die gut ausgebaute Donaulände als Jugendtreffpunkt. Salzburgs ehemaliger Planungsstadtrat Johannes Voggenhuber geht hier hart ins Gericht: „Salzburg könnte alles werden, will aber nichts.“Und spricht mit der fehlenden Hochleistungsbahnstrecke bis Attnang ein weiteres Defizit an: „Richtung Salzburg geht es aus Wien ab da nur mit 80 km/h.“ Wirtschaft: Dass Linz als Industriestadt wirtschaftlich die Nase vorn hat, ist evident. Der Salzburger Design-Guru Gerald Kiska, der 220 Mitarbeiter beschäftigt und in Linz studiert hat, wünscht sich ein klares Wirtschaftsprofil der Mozartstadt: „Derzeit hat die Stadt da nur zwei Eckpunkte: Tourismus/Gastronomie bzw. Kultur. Es gibt von oben bis unten nicht wirklich einen Plan.“Das fange bei der Ausbildung an: Sowohl die HTL als auch die Uni (ohne Technik- und Wirtschaftsfakultät) hätten ein sehr enges Angebot. Kiska: „Es fehlen vielen Firmen Personal und Flächen. Ich habe immer das Gefühl: Als Un-
ternehmen stört man in der Stadt Salzburg.“ Kultur:
Linz hat sich in den letzten 20 Jahren als Kulturstadt positioniert. Eckpunkte waren der Bau des Musiktheaters; das Ars Electronica Center samt Festival sowie Event-Marken wie die Klangwolke, das Filmfestival Crossing Europe oder das Pflasterspektakel. Treiber vieler dieser Entwicklungen war die Ausrichtung der „Europäischen Kulturhauptstadt“ 2009. Dass sich Salzburg diesen Titel für 2024 nicht sichern wollte, hält Thomas Randisek (Dachverband Salzburger Kulturstätten) für einen Fehler. Denn von einer Kulturhauptstadt („ein Gratis-PR-Geschenk und ein großer Image-Gewinn“) hätten auch die Bürger etwas: „Thema ist die Stadtentwicklung. Da geht es um Digitalisierung genauso wie um Smart City.“
Was sagen die in den Umfragen voranliegenden Bürgermeisterkandidaten? Bernhard Auinger (SPÖ) meint, dass es für eine Bewerbung für 2024 schon zu spät sei: „Aber für die Zukunft sollte man diese Tür nicht zuschlagen.“Im Vergleich mit Linz sieht er in einigen Punkten Nachholbedarf: „In den letzten Jahren wurde eine gute Kooperation mit der Uni aufgebaut.“Aber man könne Versäumnisse vieler Jahre nicht binnen Kurzem aufholen, das gelte auch für die Verkehrspolitik. In puncto Infrastruktur ist er bis auf die Hallenbad-Frage zufrieden, nennt aber auch neue Ideen: „Wir verfolgen das Projekt, beim Kraftwerk Lehen eine ,Salzach-Bühne‘ zu machen, wo Bands auftreten könnten.“Auch das Neos-Projekt eines „Stadtstrands“beim Volksgarten sieht er positiv: „Aber leider gibt es kein Geld dafür.“Geld ist auch das Argument, das Vizebgm. Harald Preuner (ÖVP) beim Vergleich mit Linz nennt: „Ich glaube nicht, dass Salzburg zurückgefallen ist. Um die Medizin gab es redliche Bemühungen. Aber die Uni ist keine Aufgabe exklusiv für die Stadt.“Die aktuellen Wünsche der Uni seien nicht bis zu ihm gelangt. Eine Kulturhauptstadt-Bewerbung hat für Preuner „keine Priorität.“Er räumt aber ein, dass es nicht reichen würde, sich auf Festspiele, Mozart und Weltkulturerbe auszuruhen: „Stillstand ist Rückschritt. Es geht um mehr Start-ups. Dazu wollen wir einen Teil der Rauchmühle ankaufen. Auch im Verkehr gibt etwas zu tun. Ausruhen ist genau das Verkehrteste.“
„Als Unternehmen stört man in der Stadt Salzburg.“ Gerald Kiska, Design-Unternehmer