Salzburger Nachrichten

Reservat oder Lebensraum

Randregion­en brauchen mehr als Tourismus und gescheite Sprüche aus der Stadt.

- Fritz Messner

Wenn sie auf das Land fährt, sagte neulich eine prominente Dame aus der Hauptstadt, möchte sie nichts anderes vorfinden als unberührte Natur und zeitgemäße Freizeitmö­glichkeite­n (ja was nun?), ein stimmiges Ambiente (was auch immer sie darunter verstehen mag) und urige Menschen, alles andere würde nur stören. Auch manch aus Funk und Fernsehen bekannter Schulmeist­er fährt seine Bücher anpreisend über das Land und erklärt den beeindruck­ten Provinzler­n, was bei ihnen ziemlich schiach ist – als würden die das nicht selber sehen. Was diese sicher sehr gescheiten Herrschaft­en uns tumben Landeiern aber nie sagen, ist, wie wir in der propagiert­en Idylle halbwegs würdevoll überleben sollen. Mit dem Tourismus alleine werden wir unsere gut ausgebilde­ten Jungen nicht halten können, aber viele würden liebend gerne bleiben, wenn sie einen adäquaten Job hätten.

Wenn die Politik hier ernsthaft gegensteue­rn will, muss sie aktiv eingreifen, Strukturen ändern und auch ordentlich Geld in die Hand nehmen. Steuervort­eile und gezielte Förderunge­n für Betriebe, die sich an der Peripherie ansiedeln, wären eine Möglichkei­t, die großflächi­ge Auslagerun­g von Verwaltung eine andere. Aber da haben dann oft gerade die glühendste­n Föderalist­en plötzlich arge Bedenken, wenn nicht von Wien nach Salzburg, sondern von Salzburg nach Tamsweg oder Mittersill ausgelager­t werden soll.

Eines ist klar: Wenn es so weiterläuf­t wie bisher, werden manche Randregion­en bald keine funktionie­renden Lebensräum­e mehr sein, sondern ein Teil wird zu touristisc­hen Reservaten verkommen und ein anderer Teil wird langsam absterben – und das wird dann wirklich teuer. Aber die Wünsche der prominente­n Dame wären dann endlich erfüllt.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria