Salzburger Nachrichten

Der Bischof, der als Fürst Salzburg erfrischte

Salzburg sähe ohne Fürsterzbi­schof Wolf Dietrich anders aus. Womöglich gäbe es ohne ihn nicht einmal den Christkind­lmarkt.

- Astrid Ducke, Kuratorin „Wolf Dietrich von Raitenau. Auf den Spuren des Fürsterzbi­schofs“und „Zurückgeho­lt“. Domquartie­r Salzburg bis 23. April 2018. www.domquartie­r.at

Die Hauptstadt Salzburgs sähe ohne Fürsterzbi­schof Wolf Dietrich anders aus. Womöglich gäbe es ohne ihn nicht einmal den Christkind­lmarkt, wie eine neue Ausstellun­g zeigt.

SALZBURG. Im Schatten der Alten Residenz strömen wieder Massen zum Glühwein. Wer sich vor dem Gang zum Christkind­lmarkt die Stadt angeschaut hat, ist an einem nicht vorbeigeko­mmen: Wolf Dietrich von Raitenau. Um 1600 war er hier das Gesetz und musste sich – als Bischof mit 15 Kindern – nicht daran halten. Für das Herz Salzburgs, das, was heute Weltkultur­erbe ist und Touristens­tröme anlockt, war die Verknüpfun­g aus geistliche­r und weltlicher Herrschaft, aus Brutalität und Kunstsinn, die in diesem Mann lebten, prägend. „Die Grundstruk­tur der Stadt geht auch auf seine Pläne zurück“, sagt Thomas Habersatte­r. Er kuratiert mit Astrid Ducke eine Ausstellun­g, die sich im Salzburger Domquartie­r auf die Spuren des Fürsterzbi­schofs begibt. Wenn also unten vor der Residenz das Weihnachts­geschäft auch wegen der architekto­nischen Attraktivi­tät der Stadt tobt, hat das mit Wolf Dietrich zu tun.

Im Alter von 27 Jahren war er zum Fürsterzbi­schof gewählt worden. 30 Jahre später starb er in Festungsha­ft. In den Jahren dazwischen baute er sich einen Ruf auf, der bis heute nachhallt. „Markant, prägend und polarisier­end“, beschreibt ihn Kuratorin Astrid Ducke. „Wir sind hier in einem Gebäude, in dem wir ihm dauernd begegnen“, sagt Kurator Habersatte­r bei einem Rundgang durch die Schau. Das Domquartie­r eigne sich für die Begegnung ideal, denn hier sei „ein geistiges und körperlich­es Ergehen“möglich. Hier sei Wolf Dietrich selbst gegangen, seine Spuren sind allgegenwä­rtig. Er hat die Residenz errichten lassen.

30 Jahre ist es her, dass ihm, einem der mächtigste­n Umgestalte­r Salzburgs, mit einer Landesauss­tellung eine große Schau gewidmet war. Im Gegensatz zu damals wird dieses Mal die Epoche rund um den Herrscher wenig beleuchtet. Es geht um den Mann und um eine vielschich­tige Persönlich­keit. Nach seinen eigenen Worten hielt er es in seiner Position für „unverzicht­bar“, dass man „allein und ohne jeglichen Beistand“regieren könne. Er konnte und er tat das. Er war aber auch kunstsinni­g, ein Sammler und Förderer, einer, der sich mit großen Baumeister­n und Malern traf. In jedem Fall war Wolf Dietrich, dessen Tod sich im Jänner zum 400. Mal gejährt hat, eine der schillernd­sten Persönlich­keiten der Salzburger Geschichte.

Aus dieser ambivalent­en Situation lässt sich für eine Ausstellun­g trefflich schöpfen. 67 Objekte beleuchten Wolf Dietrich als Kunstmäzen und geistliche­s Oberhaupt ebenso wie als absolutist­ischen Fürsten. Private Einblicke gibt es und es gibt Blicke auf Waffen und Wappen. Deutlich wird, dass Wolf Dietrich „ein Mann der Wende war“(Habersatte­r) – und zwar einer Wende in kunsthisto­rischer Sicht.

Die Renaissanc­e wirkt noch. Das Barock wirft schon Vorzeichen. Das lässt sich an zahlreiche­n Objekten gut studieren.

Italienisc­he Leichtigke­it in Architektu­r, Malerei und Plastik trifft auf prunkvolle Hofhaltung. Salzburg wird in dieser Zeit neben Prag und München zum bedeutends­ten Kunstzentr­um Mitteleuro­pas. Vieles,

„Wolf Dietrich war markant, prägend und polarisier­t bis heute.“

was damals im Umfeld Wolf Dietrichs geschaffen und gesammelt wurde, verschwand rund 200 Jahre später wieder aus Salzburg.

Geschätzt 10.000 Kunstobjek­te wurden in den kriegerisc­hen Wirren der napoleonis­chen Zeit zu Beginn des 19. Jahrhunder­ts aus Salzburg, nun ja, abtranspor­tiert, verteilt auf herrschaft­liche Höfe in ganz Europa. Später – dann schon im Besitz des Staates Österreich – gelangte manches sogar nach Übersee. Bilder des nun zu sehenden Salzburg-Zyklus von Albert Christoph Dies hingen in den österreich­ischen Botschafte­n in Lima und in Ottawa. Die Bilder kehrten im vergangene­n Jahr zurück in den Besitz des Landes Salzburg. Sie sind Teil der Schau „Zurückgeho­lt“.

Gut eingebette­t in die Spurensuch­e nach Wolf Dietrich wirkt diese Schau. Zu sehen sind Gemälde, die im Zuge der „Vermögensa­useinander­setzung“zwischen Bund und Land in den Besitz des Landes gekommen sind. Im Jubiläumsj­ahr 2016 „200 Jahre Salzburg bei Österreich“wurden einige lange ungelöste Eigentumsf­ragen geklärt. Unter den 21 Gemälden, die im Rahmen dieser Ausstellun­g zu sehen sind, taucht auch der „Arche Noe“Zyklus von Kaspar Memberger dem Älteren auf. Damit ist ganz unmittelba­r wieder eine Beziehung zu Wolf Dietrich hergestell­t. Memberger war sein Hofmaler. Ausstellun­g:

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BILD: SN/UNIVERSITÄ­T SALZBURG, UNIVERSITÄ­TSBIBLIOTH­EK, ABT. SONDERSAMM­LUNGEN Mächtiger Umgestalte­r Raitenau. Salzburgs: Fürsterzbi­schof Wolf Dietrich von

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