Der Bischof, der als Fürst Salzburg erfrischte
Salzburg sähe ohne Fürsterzbischof Wolf Dietrich anders aus. Womöglich gäbe es ohne ihn nicht einmal den Christkindlmarkt.
Die Hauptstadt Salzburgs sähe ohne Fürsterzbischof Wolf Dietrich anders aus. Womöglich gäbe es ohne ihn nicht einmal den Christkindlmarkt, wie eine neue Ausstellung zeigt.
SALZBURG. Im Schatten der Alten Residenz strömen wieder Massen zum Glühwein. Wer sich vor dem Gang zum Christkindlmarkt die Stadt angeschaut hat, ist an einem nicht vorbeigekommen: Wolf Dietrich von Raitenau. Um 1600 war er hier das Gesetz und musste sich – als Bischof mit 15 Kindern – nicht daran halten. Für das Herz Salzburgs, das, was heute Weltkulturerbe ist und Touristenströme anlockt, war die Verknüpfung aus geistlicher und weltlicher Herrschaft, aus Brutalität und Kunstsinn, die in diesem Mann lebten, prägend. „Die Grundstruktur der Stadt geht auch auf seine Pläne zurück“, sagt Thomas Habersatter. Er kuratiert mit Astrid Ducke eine Ausstellung, die sich im Salzburger Domquartier auf die Spuren des Fürsterzbischofs begibt. Wenn also unten vor der Residenz das Weihnachtsgeschäft auch wegen der architektonischen Attraktivität der Stadt tobt, hat das mit Wolf Dietrich zu tun.
Im Alter von 27 Jahren war er zum Fürsterzbischof gewählt worden. 30 Jahre später starb er in Festungshaft. In den Jahren dazwischen baute er sich einen Ruf auf, der bis heute nachhallt. „Markant, prägend und polarisierend“, beschreibt ihn Kuratorin Astrid Ducke. „Wir sind hier in einem Gebäude, in dem wir ihm dauernd begegnen“, sagt Kurator Habersatter bei einem Rundgang durch die Schau. Das Domquartier eigne sich für die Begegnung ideal, denn hier sei „ein geistiges und körperliches Ergehen“möglich. Hier sei Wolf Dietrich selbst gegangen, seine Spuren sind allgegenwärtig. Er hat die Residenz errichten lassen.
30 Jahre ist es her, dass ihm, einem der mächtigsten Umgestalter Salzburgs, mit einer Landesausstellung eine große Schau gewidmet war. Im Gegensatz zu damals wird dieses Mal die Epoche rund um den Herrscher wenig beleuchtet. Es geht um den Mann und um eine vielschichtige Persönlichkeit. Nach seinen eigenen Worten hielt er es in seiner Position für „unverzichtbar“, dass man „allein und ohne jeglichen Beistand“regieren könne. Er konnte und er tat das. Er war aber auch kunstsinnig, ein Sammler und Förderer, einer, der sich mit großen Baumeistern und Malern traf. In jedem Fall war Wolf Dietrich, dessen Tod sich im Jänner zum 400. Mal gejährt hat, eine der schillerndsten Persönlichkeiten der Salzburger Geschichte.
Aus dieser ambivalenten Situation lässt sich für eine Ausstellung trefflich schöpfen. 67 Objekte beleuchten Wolf Dietrich als Kunstmäzen und geistliches Oberhaupt ebenso wie als absolutistischen Fürsten. Private Einblicke gibt es und es gibt Blicke auf Waffen und Wappen. Deutlich wird, dass Wolf Dietrich „ein Mann der Wende war“(Habersatter) – und zwar einer Wende in kunsthistorischer Sicht.
Die Renaissance wirkt noch. Das Barock wirft schon Vorzeichen. Das lässt sich an zahlreichen Objekten gut studieren.
Italienische Leichtigkeit in Architektur, Malerei und Plastik trifft auf prunkvolle Hofhaltung. Salzburg wird in dieser Zeit neben Prag und München zum bedeutendsten Kunstzentrum Mitteleuropas. Vieles,
„Wolf Dietrich war markant, prägend und polarisiert bis heute.“
was damals im Umfeld Wolf Dietrichs geschaffen und gesammelt wurde, verschwand rund 200 Jahre später wieder aus Salzburg.
Geschätzt 10.000 Kunstobjekte wurden in den kriegerischen Wirren der napoleonischen Zeit zu Beginn des 19. Jahrhunderts aus Salzburg, nun ja, abtransportiert, verteilt auf herrschaftliche Höfe in ganz Europa. Später – dann schon im Besitz des Staates Österreich – gelangte manches sogar nach Übersee. Bilder des nun zu sehenden Salzburg-Zyklus von Albert Christoph Dies hingen in den österreichischen Botschaften in Lima und in Ottawa. Die Bilder kehrten im vergangenen Jahr zurück in den Besitz des Landes Salzburg. Sie sind Teil der Schau „Zurückgeholt“.
Gut eingebettet in die Spurensuche nach Wolf Dietrich wirkt diese Schau. Zu sehen sind Gemälde, die im Zuge der „Vermögensauseinandersetzung“zwischen Bund und Land in den Besitz des Landes gekommen sind. Im Jubiläumsjahr 2016 „200 Jahre Salzburg bei Österreich“wurden einige lange ungelöste Eigentumsfragen geklärt. Unter den 21 Gemälden, die im Rahmen dieser Ausstellung zu sehen sind, taucht auch der „Arche Noe“Zyklus von Kaspar Memberger dem Älteren auf. Damit ist ganz unmittelbar wieder eine Beziehung zu Wolf Dietrich hergestellt. Memberger war sein Hofmaler. Ausstellung: