Zwischen Bezahlung und Gewalt besteht ein Zusammenhang
Die Gehaltsschere zwischen Männern und Frauen und die sexuelle Gewalt an Frauen dürfen nicht getrennt betrachtet werden.
90 Prozent der Europäer sagen, dass ungleiche Bezahlung von Frauen und Männern inakzeptabel ist. Vergangene Woche hat die EU-Kommission den Unterschied wieder einmal vor Augen geführt. EU-weit liegt die Lohnschere durchschnittlich bei 16,3 Prozent, in Österreich sind es 21,7 Prozent. Damit rangiert Österreich an viertschlechtester Stelle in der EU. Trotz aller Bemühungen ändert sich kaum etwas zum Besseren. Im Gegenteil. In puncto Frauenrechte bewegt sich in der Welt derzeit einiges wieder in die entgegengesetzte Richtung. Soll heißen in Richtung Verschlechterung der Bedingungen für Frauen.
Nicht zuletzt kam Donald Trump wegen eines auch antifeministischen Backlashs an die Macht. Dieser Backlash entstand unter anderem wegen eines wachsenden Einflusses von Frauen in der amerikanischen Gesellschaft. Eine der populärsten Feministinnen der Gegenwart, Laurie Penny, hat dazu interessante Gedanken. Sie sagt, wenn jemand immer gewohnt sei, privilegiert zu sein, komme ihm schon ein klein wenig Gleichstellung mit weniger privilegierten Gruppen wie eine Benachteiligung vor. Die privilegierten Menschen tun sich also oft schwer, dass ihnen die Welt nicht mehr allein gehört. Das richtet sich auch gegen Frauen in der sogenannten westlichen Welt. Es geht um nichts weniger als die Verteilung von Geld, Einfluss und Macht.
Daher ist es logisch, wenn dieGle ich stellungskommis sa rinder EU,VěraJourová, einen Bogen von der Bezahlung zur Debatte über sexuelle Belästigung und Gewalt macht. „Die Einkommenslücke zwischen den Geschlechtern muss geschlossen werden, denn wirtschaftliche Unabhängigkeit von Frauen ist der beste Schutz vor Gewalt“, sagt sie. Am besten wird dieser Zusammenhang in Indien sichtbar, einem Land, das in den vergangenen Jahren oft Schlagzeilen wegen brutaler Gewalt gegen Frauen gemacht hat. Indien hat einen der höchsten Gender-Pay-Gaps weltweit. Trotz eines enormen Wirt schafts wachstums wurden kaum neue Jobs kreiert, und viele junge Män- ner leben in prekären Verhältnissen. Ihr Zorn richtet sich auch gegen Frauen.
Man muss aber nicht nach Indien schauen. Die seit Wochen tobende Debatte über sexuelle Übergriffe auf Frauen zeigt auch in der entwickelten Welt, dass es vor allem in Bereichen, die stark von patriarchalen Strukturen geprägt sind, in denen kaum Frauen an der Spitze sind und Frauen viel weniger verdienen, große Probleme gibt. Derzeit steht durch den schockierenden Bericht einer früheren Skirennläuferin über sexuelle Gewalt auch der österreichische Skisport im Rampenlicht. Die Präsidentenkonferenz des Österreichischen Skiverbands umfasst 16 Männer und eine Frau – ÖSV-Vizepräsidentin Roswitha Stadlober ist auch als einzige Frau im achtköpfigen ÖSV-Präsidium. In Referaten, Ausschüssen und Komitees finden sich fast nur Männer, in der Sportlerbetreuung ebenso. Diese Strukturen zeigen, dass Frauen nicht ernst genommen werden.