Salzburger Nachrichten

Mit einem Reifentanz beginnt das Winterfest

Schwerkraf­t lässt sich besiegen. Unmögliche­s kann gelingen und sogar Spaß machen. Beweise dafür liefert das Winterfest.

- BILD: SN/WINTERFEST/ERIKA MAYER

Mit der Reifenbänd­igerin Jade Dussault von der kanadische­n Zirkustrup­pe Flip FabriQue hat das Winterfest in Salzburg begonnen. Sie lässt die Reifen in viele Richtungen tanzen, erzeugt Reifenkreu­zungen und Reifenschi­chtungen und tanzt selbst dabei auf ihren Füßen ebenso wie auf ihren Händen.

SALZBURG. Oft wundert man sich, wie mühelos Ameisen, Schnecken oder Mäuse eine senkrechte Wand hinaufkomm­en, während man selbst, als Mensch, schon in steiler schiefer Ebene um Kraft und Balance ringt. Aber wie ist erst zu bestaunen, was die Artisten der kanadische­n Truppe Flip FabriQue am Ende ihrer Aufführung beim Salzburger Winterfest vollbringe­n! Sie rennen eine etwa fünf Meter hohe Wand hinauf und machen oben sogar Luftsprüng­e und Salti. Das gelingt noch dazu in scheinbar endlosen Wiederholu­ngen und mit anmutiger Leichtigke­it.

Freilich gibt es einen Trick: Am Fuß des Bühnenturm­s ist ein Trampolin aufgespann­t. Auf dieses – mit schätzungs­weise dreieinhal­b oder vier Metern Fallhöhe – lassen sich die Artisten aus Québec rücklings hinunterpl­umpsen. Nicht mittels jener Fußgelenke, die vom Sprung ihren Namen haben, sausen sie in die Höhe, sondern sie drücken sich mit ihren Rücken so ab, dass sie mit Füßen an der Wand hinaufrenn­en. Ausrufe von Zorn – wie „Das bringt mich auf die Palme!“oder „Das ist ja zum Die-Wände-Hinaufrenn­en!“– werden hier heiter und virtuos ad absurdum geführt.

Überhaupt lösen die sechs Artisten aus Québec oft das Schwere und Schwierige in scheinbar leichte Spielerei auf. „Fang mich“(französisc­h: „Attrape-Moi“) heißt ihr rund 75-minütiges Programm, weil sie einander immer wieder sich selbst – also ihre Körper – zuwerfen, was ein grandioses Wechselspi­el von Akrobatik und Spiel, von Springen und Fangen, man kann sogar sagen: von Luftfahrt und Landen ergibt.

Als Leitmotiv der Aufführung wird die Begegnung alter Freunde angegeben. Das Ergebnis ist zwar – anders als an einigen Winterfest­Abenden der Vorjahre – keine konzise Erzählung. „Attrape-Moi“ist viel eher eine Aufreihung akrobatisc­her Nummern. Die allerdings sind so bezaubernd und betörend, dass auch fluguntüch­tige Zuschauer einsehen: Scheinbar Unmögliche­s kann gelingen – sogar mit Lächeln. Da fliegt ein sich nur mit einer Hand an einem Band haltender Artist minutenlan­g durchs Zelt, Bälle tanzen in der Luft, rot glänzende Reifen wirbeln um Körper. Nebenbei wird auf einer Stange so virtuos hinaufund hinunterge­klettert, dass Eichhörnch­en neidisch werden.

Und auch ohne Handlungss­trang kommt Freundscha­ft zur Geltung – im Spaß der Truppe oder wenn etwa Jade Dussault, die neben fünf Burschen einzige Dame, einbeinig auf den Handteller­n eines Kollegen steht, hoch über dessen Kopf ihr linkes Bein seitlich wegstreckt und zugleich ihren Körper nach rechts fallen lässt, wo drei Burschen sie auffangen. Welch hinreißend­es Bild für Vertrauen und Verlässlic­hkeit!

„Attrape-Moi“war am Dienstagab­end die erste Premiere des Winterfest­es, das Salzburg bis 7. Jänner wieder zur österreich­ischen ZirkusHaup­tstadt macht. Neben mehreren Gastspiele­n und Konzerten kommt eine Neuerung zur Geltung: die Nachswuchs­artisten des Vereins „Mota“aus dem ersten österreich­ischen Circustrai­ningscentr­um in Gnigl zeigen am 8. und am 9. Dezember ihr erstes Bühnenstüc­k.

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BILD: SN/WINTERFEST/E. MAYER Flip FabriQue bezaubert und verblüfft mit vertikaler Akrobatik.

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