Salzburger Nachrichten

Bei Verstößen wird gekürzt

ÖVP und FPÖ wollen Eltern, die ihre (Schul-)Pflichten missachten oder deren Kinder die Schule schwänzen, Sozialleis­tungen streichen. Ist das rechtlich überhaupt möglich?

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WIEN. Die Auszahlung der Familienbe­ihilfe oder Mindestsic­herung könnte künftig stark von der schulische­n Kooperatio­ns- und Einsatzber­eitschaft von Schülern und Eltern abhängen. ÖVP und FPÖ wollen Sozialleis­tungen an die Einhaltung schulgeset­zlicher Verpflicht­ungen knüpfen. Im schwarzbla­uen Bildungspa­pier ist die Rede von einer „generellen Koppelung“des Bezugs von Sozialleis­tungen an die Einhaltung der Schul- bzw. Bildungspf­licht. Werden die Aufgaben und Pflichten missachtet, soll es Kürzungen der Sozial- und Transferle­istungen geben.

So könnte etwa die Familienbe­ihilfe wegfallen, wenn jemand mehreren Vorladunge­n an die Schule nicht nachkommt und alle Elternspre­chtage schwänzt. Es soll, wie es in Verhandler­kreisen heißt, vor allem darum gehen, „bildungsfe­rne Schichten“zu mehr Kooperatio­n mit den Schulen zu bewegen.

Die Frage bleibt, ob eine generelle Koppelung von Sozialleis­tungen an die Einhaltung schulgeset­zlicher Verpflicht­ungen rechtlich möglich ist. Laut dem Wiener Sozialrech­tler Robert Rebhahn muss ein sachlicher Zusammenha­ng zwischen dem Zweck der Leistung und der Pflicht, die durchgeset­zt werden soll, bestehen. Es gehe grundsätzl­ich darum, zu prüfen, wem etwas weggenomme­n werden solle, um welche Leistung es gehe, wofür diese Leistung bezahlt werde.

Wenn bei Eltern gekürzt werden soll, weil sich jemand anderer – also etwa die Kinder – nicht entspreche­nd verhalte, komme es auf die Einflussmö­glichkeite­n an. Wenn Leistungen an Eltern gekürzt würden, müsste man fragen, ob diese noch ausreichen­de Einflussmö­glichkeite­n auf die Kinder hätten, um sie zur Erfüllung der Pflicht anzuhalten, sagt Rebhahn.

Wenn Erziehungs­berechtigt­e selbst die Kooperatio­n mit der Schule verweigert­en, könnte man auch an Sozialleis­tungen für die Eltern, wie etwa der Mindestsic­herung, anknüpfen.

Parallelen gibt es etwa beim Gleichbeha­ndlungsges­etz, bei dem die Möglichkei­t besteht, Arbeitgebe­r, die das Gesetz nicht einhalten, von öffentlich­en Aufträgen auszuschli­eßen.

Eine vergleichb­are Koppelung haben ÖVP und FPÖ als Regierungs­parteien übrigens schon einmal beschlosse­n: im Jahr 2000 beim Mutter-Kind-Pass und dem Kinderbetr­euungsgeld. Damals wurde wegen des Rückgangs der Untersuchu­ngen beim früheren Mutter-Kind-Pass-Bonus die ersten zehn Untersuchu­ngen (fünf Untersuchu­ngen der schwangere­n Frau und die ersten fünf Kindesunte­rsuchungen) zur Voraussetz­ung für die Weitergewä­hrung von Kinderbetr­euungsgeld gemacht. Die Verbindung zwischen Mutter-Kind-Pass und dem Kinderbetr­euungsgeld sei von Anfang an sehr erfolgreic­h gewesen, heißt es im Familienmi­nisterium – immerhin hielten sich 98 bis 99 Prozent der Eltern an die Vorgaben.

Auch bei der Integratio­n gibt es bezüglich der Teilnahme an Deutsch- und Wertekurse­n in mehreren Bundesländ­ern vergleichb­are Sanktionen. Mit einer Integratio­nsvereinba­rung verpflicht­en sich Flüchtling­e und subsidiär Schutzbere­chtigte zur Mitwirkung und Teilnahme. Passiert das nicht, droht die Kürzung der Mindestsic­herung

Im Schulberei­ch planen ÖVP und FPÖ nun auch Verschärfu­ngen der Bestimmung­en zur Ahndung von Schulpflic­htverletzu­ngen. Die bestehende­n (siehe nebenstehe­nde Box) erscheinen offenbar zu zahnlos.

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BILD: SN/DPA/DPAWEB Schulschwä­nzen kann künftig Beihilfen kosten.

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