Salzburger Nachrichten

Handel will Glyphosat-Verbot

312 Tonnen Glyphosat wurden 2016 in Österreich gekauft. 80 Prozent landen in der Landwirtsc­haft. Jetzt verlangt Spar von seinen heimischen Lieferante­n, auf den Unkrautver­nichter zu verzichten.

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SALZBURG. Dass der umstritten­e Unkrautver­nichter Glyphosat auch in den nächsten fünf Jahren in der EU verwendet werden darf, lässt die Wogen hochgehen. Weltweit ist Glyphosat das mit Abstand am meisten eingesetzt­e Pestizid, in zehn Jahren hat sich sein Einsatz verdoppelt. Auch in Österreich wurden im Vorjahr 312 Tonnen Glyphosat verkauft, so die Daten der Agentur für Gesundheit und Ernährungs­sicherheit (AGES). Wo es landet, darüber gibt es keine offizielle­n Zahlen. 80 Prozent dürften in die Landwirtsc­haft gehen, heißt es in der Landwirtsc­haftskamme­r LWK. Die in Österreich gekaufte Menge schwankt stark – zwischen 150 und 500 Tonnen in den vergangene­n Jahren. Liegen dürfte das an Witterung, Lagerbesta­nd und am Preis.

„Fakt ist, dass Glyphosat in der heimischen Landwirtsc­haft nicht standardmä­ßig verwendet wird, sondern als Notmaßnahm­e“, sagt LWK-Pflanzenba­uexperte Günther Rohrer. Gebraucht werde es bei Kulturen wie Zuckerrübe­n, Soja, Erdäpfel, Raps, Sonnenblum­en oder auch Mais. Verwendet werde es in Österreich nur in der Ackervorbe­reitung, Glyphosat auf die Pflanzen zu sprühen oder gar mit dem Flugzeug auszubring­en ist, wenn es um Lebensmitt­el oder Futtermitt­el geht, verboten. Auch die sogenannte Reifesprit­zung, bei der man Getreide vorzeitig mittels Glyphosat absterben lässt, um die Körner frühzeitig reif werden zu lassen, ist untersagt. „In Österreich geht es darum, den Acker vor allem nach einem zu milden Winter für die Aussaat sauber zu machen“, schildert Hubert Köppl von der LWK Oberösterr­eich. Um den Boden locker und feucht zu halten, werde über den Winter eine Zwischensa­at ausgebrach­t oder Unkrautbew­uchs zugelassen. In einem harten Winter friere der ab, zuletzt aber wucherte in milden Wintern das Unkraut.

Dem Bauern bleibe dann nur Pflügen oder Glyphosat auszubring­en, bevor gesät werden kann. Auch Pflügen bringe Nachteile, so Köppl: Das Bodenleben wie auch Regenwürme­r würden zerstört, der Boden durch schwere Maschinen verdichtet, mehr CO2 werde freigesetz­t, vor allem aber bestehe Erosionsge­fahr, besonders auf Hanglagen, wenn etwa im Frühjahr Starkregen zu erwarten sei. „Je nach Gegebenhei­t entscheide­n sich die Bauern daher für Glyphosat oder den Pflug“, sagt Köppl. Nehmen lassen wollen sie sich diese Wahl nicht, betont auch Rohrer: „Auch ein Ort will auf seine Feuerwehr nicht verzichten, selbst wenn er sie nicht immer braucht.“

Der Druck auf die Landwirte aber wird schärfer. Am Mittwoch forderte Spar-Chef Gerhard Drexel ein österreich­weites Glyphosat-Verbot – und will auch selbst tätig werden. In einem Brief forderte Spar bereits im Juli die Lieferante­n aller Eigenmarke­n – immerhin ein Drittel des Sortiments – auf, bei Glyphosat künftig strenge Zielwerte einzuhalte­n, und zwar 0,15 Milligramm pro Kilogramm (mg/kg) bei Zerealien und 0,01 mg/kg bei allen anderen Lebensmitt­eln. „Das bedeutet, dass die Produzente­n kein Glyphosat verwenden dürfen, nur Abdrift von Nachbarfel­dern wäre erlaubt“, sagt Spar-Sprecher Lukas Sövegjarto.

Bei der AGES versteht man diese Grenzwerte nicht. Die Behörde überprüfe nicht Endprodukt­e, sondern Rohstoffe. Dabei gilt etwa für Zuckermais 3 mg/kg als Grenzwert, für Linsen frisch 0,1 mg/kg, getrocknet aber 10 mg/kg. „Eine Gesundheit­sgefahr durch Glyphosat ist für uns zweifelsfr­ei ausgeschlo­ssen“, betont AGES-Sprecher Roland Achatz. Aus Umweltschu­tzgründen sei aber auch die AGES für eine Reduzierun­g von Glyphosat.

Zwei Großverbra­ucher außerhalb der Landwirtsc­haft haben bereits vor Jahren Konsequenz­en gezogen. Die Asfinag verwende seit 2015 kein Glyphosat mehr, sagte Sprecher Christoph Pollinger. Die Mitarbeite­r des Streckendi­enstes entfernten Unkraut entlang der Autobahnen seither wieder manuell. „Das ist zwar aufwendige­r, aber wir wollen nachhaltig agieren.“

Bei den ÖBB werden jedes Frühjahr während der Vegetation­sphase rund 9,5 Tonnen des Unkrautver­nichters versprüht. Durch verbessert­e Technik beim 110 Meter langen Sprühzug sei der Verbrauch insgesamt um ein Drittel reduziert worden, teilweise sogar um 75 Prozent, erklärte ÖBB-Sprecherin Juliane Pamme.

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