US-Präsident bricht Streit vom Zaun
Der US-Präsident verbreitet Propaganda von britischen Extremisten und beginnt einen bizarren Streit mit Premierministerin Theresa May.
Donald Trump verbreitete rechtsextreme Propaganda aus Großbritannien. Die Kritik daran verträgt er nicht. London ist empört.
In der von den Briten so gepriesenen „besonderen Beziehung“zwischen dem Königreich und den USA herrscht diplomatische Eiszeit. Mit einer beispiellos scharfen Nachricht hatte US-Präsident Donald Trump die britische Premierministerin Theresa May via Twitter abgefertigt. Direkt an sie persönlich gewandt schrieb er: „Konzentrieren Sie sich nicht auf mich, konzentrieren Sie sich auf den zerstörerischen islamischen Terrorismus im Vereinigten Königreich. Wir kommen schon klar!“Mit dieser Nachricht wachte die Regierungschefin auf.
Was war passiert? Trump hatte kommentarlos drei Videos von „Britain First“verbreitet, einer offen rechtsextremen und rassistischen Gruppierung in Großbritannien. Auf einem wird gezeigt, wie ein angeblicher muslimischer Migrant einen holländischen Buben, der an Krücken geht, attackiert. Die niederländische Botschaft stellte sofort klar, dass der Angreifer kein Einwanderer war, sondern ein nicht muslimischer gebürtiger Niederländer. Er sei nach niederländischem Recht bestraft worden. In einer zweiten Sequenz ist zu sehen, wie ein Arabisch sprechender Mann eine Marienstatue zerstört. In einer dritten stößt angeblich ein Mob von Muslimen einen Teenager von einem Dach. Alle Videoclips wurden ursprünglich von der VizeChefin von „Britain First“, Jayda Fransen, gepostet. Sie ist wegen eines tätlichen Angriffs auf eine muslimische Britin vorbestraft.
Und ausgerechnet der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika präsentiert diese ungeprüften Videoclips seinen knapp 44 Millionen Twitter-Followern? Sowohl in den sozialen Netzwerken als auch im britischen Parlament machte sich Entrüstung breit. Als ein rechtsextremer Engländer die Labour-Abgeordnete Jo Cox kurz vor dem EU-Referendum im vergangenen Jahr ermordete, schrie der Angreifer „Britain First“. Downing Street stand unter Druck zu reagieren. „Was der US-Präsident getan hat, ist falsch“, ließ ein Regierungssprecher wissen. Premierministerin Theresa May wiederholte die Kritik. Sie betonte weiters, „Britain First“versuche, die britische Gesellschaft durch „hasserfüllte Erzählungen“zu spalten.
Dagegen verteidigte die Sprecherin des Weißen Hauses ihren Chef. Es gehe gar nicht um den Wahrheitsgehalt der Videos, betonte Sarah Sanders. „Die Bedrohung ist real, davon spricht der Präsident.“Der wiederum konnte die Kritik aus London offenbar nicht aushalten und holte zum persönlichen Angriff aus.
Fast ebenso bizarr wie der Inhalt des Tweets war, dass Trump zwei Anläufe brauchte, um seine schnippische Nachricht an May loszuwerden. Die erste nämlich adressierte er an @theresamay, das Konto einer Nutzerin mit nur sechs Anhängern. Das scheint Trump erst später aufgefallen zu sein, also setzte er nochmals eine Botschaft ab, nun an das verifizierte Konto der Premierministerin, @theresa_may.
London ist angesichts des anstehenden Brexit auf eine starke Beziehung zu Washington und ein schnell nach dem EU-Austritt abgeschlossenes bilaterales Handelsabkommen angewiesen. Deshalb wurde es in vielen Teilen des Landes noch als Bravourstück gefeiert, dass May im Jänner 2017 als erster ausländischer Staatsgast von Trump empfangen wurde. Zwar löste es etwas Unbehagen aus, als der Republikaner nach ihrer Hand griff, aber zum Wohle des Landes lächelte die Konservative das kurze Händchenhalten weg und lud Trump im Namen Ihrer Majestät zum Staatsbesuch ein. Die Einladung wollen etliche verärgerte Politiker nun zurückziehen. Doch noch hält die Premierministerin daran fest.