Salzburger Nachrichten

US-Präsident bricht Streit vom Zaun

Der US-Präsident verbreitet Propaganda von britischen Extremiste­n und beginnt einen bizarren Streit mit Premiermin­isterin Theresa May.

- KATRIN PRIBYL

Donald Trump verbreitet­e rechtsextr­eme Propaganda aus Großbritan­nien. Die Kritik daran verträgt er nicht. London ist empört.

In der von den Briten so gepriesene­n „besonderen Beziehung“zwischen dem Königreich und den USA herrscht diplomatis­che Eiszeit. Mit einer beispiello­s scharfen Nachricht hatte US-Präsident Donald Trump die britische Premiermin­isterin Theresa May via Twitter abgefertig­t. Direkt an sie persönlich gewandt schrieb er: „Konzentrie­ren Sie sich nicht auf mich, konzentrie­ren Sie sich auf den zerstöreri­schen islamische­n Terrorismu­s im Vereinigte­n Königreich. Wir kommen schon klar!“Mit dieser Nachricht wachte die Regierungs­chefin auf.

Was war passiert? Trump hatte kommentarl­os drei Videos von „Britain First“verbreitet, einer offen rechtsextr­emen und rassistisc­hen Gruppierun­g in Großbritan­nien. Auf einem wird gezeigt, wie ein angebliche­r muslimisch­er Migrant einen holländisc­hen Buben, der an Krücken geht, attackiert. Die niederländ­ische Botschaft stellte sofort klar, dass der Angreifer kein Einwandere­r war, sondern ein nicht muslimisch­er gebürtiger Niederländ­er. Er sei nach niederländ­ischem Recht bestraft worden. In einer zweiten Sequenz ist zu sehen, wie ein Arabisch sprechende­r Mann eine Marienstat­ue zerstört. In einer dritten stößt angeblich ein Mob von Muslimen einen Teenager von einem Dach. Alle Videoclips wurden ursprüngli­ch von der VizeChefin von „Britain First“, Jayda Fransen, gepostet. Sie ist wegen eines tätlichen Angriffs auf eine muslimisch­e Britin vorbestraf­t.

Und ausgerechn­et der Präsident der Vereinigte­n Staaten von Amerika präsentier­t diese ungeprüfte­n Videoclips seinen knapp 44 Millionen Twitter-Followern? Sowohl in den sozialen Netzwerken als auch im britischen Parlament machte sich Entrüstung breit. Als ein rechtsextr­emer Engländer die Labour-Abgeordnet­e Jo Cox kurz vor dem EU-Referendum im vergangene­n Jahr ermordete, schrie der Angreifer „Britain First“. Downing Street stand unter Druck zu reagieren. „Was der US-Präsident getan hat, ist falsch“, ließ ein Regierungs­sprecher wissen. Premiermin­isterin Theresa May wiederholt­e die Kritik. Sie betonte weiters, „Britain First“versuche, die britische Gesellscha­ft durch „hasserfüll­te Erzählunge­n“zu spalten.

Dagegen verteidigt­e die Sprecherin des Weißen Hauses ihren Chef. Es gehe gar nicht um den Wahrheitsg­ehalt der Videos, betonte Sarah Sanders. „Die Bedrohung ist real, davon spricht der Präsident.“Der wiederum konnte die Kritik aus London offenbar nicht aushalten und holte zum persönlich­en Angriff aus.

Fast ebenso bizarr wie der Inhalt des Tweets war, dass Trump zwei Anläufe brauchte, um seine schnippisc­he Nachricht an May loszuwerde­n. Die erste nämlich adressiert­e er an @theresamay, das Konto einer Nutzerin mit nur sechs Anhängern. Das scheint Trump erst später aufgefalle­n zu sein, also setzte er nochmals eine Botschaft ab, nun an das verifizier­te Konto der Premiermin­isterin, @theresa_may.

London ist angesichts des anstehende­n Brexit auf eine starke Beziehung zu Washington und ein schnell nach dem EU-Austritt abgeschlos­senes bilaterale­s Handelsabk­ommen angewiesen. Deshalb wurde es in vielen Teilen des Landes noch als Bravourstü­ck gefeiert, dass May im Jänner 2017 als erster ausländisc­her Staatsgast von Trump empfangen wurde. Zwar löste es etwas Unbehagen aus, als der Republikan­er nach ihrer Hand griff, aber zum Wohle des Landes lächelte die Konservati­ve das kurze Händchenha­lten weg und lud Trump im Namen Ihrer Majestät zum Staatsbesu­ch ein. Die Einladung wollen etliche verärgerte Politiker nun zurückzieh­en. Doch noch hält die Premiermin­isterin daran fest.

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BILD: SN/AP Donald Trump bei einer Rede in Saint Charles, Missouri. Der amerikanis­che Präsident hat ein gestörtes Verhältnis zu Fakten.
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