Salzburger Nachrichten

Ist der Zug in die Kulturhaup­tstadt abgefahren? Die Bewerbung für das EU-Projekt müsste bis Ende 2018 fertiggest­ellt sein.

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Österreich hat schon zwei ehemalige Europäisch­e Kulturhaup­tstädte, nämlich Graz (2003) und Linz (2009). Im Jahr 2024 ist das Land zum dritten Mal an der Reihe. St. Pölten wird sich bewerben, das Rheintal in Vorarlberg, möglicherw­eise die Region Salzkammer­gut. Und was ist mit Salzburg, der nach Wien wichtigste­n Kunst- und Kulturstad­t Österreich­s?

Podiumsdis­kussion darüber im SN-Saal. Die Palette der Antworten reichte von „Wir sollten uns unbedingt bewerben“(Tomas Friedmann, Literaturh­aus) über „Eine Weiterentw­icklung der Kulturstad­t Salzburg ist notwendig, ich zweifle aber, dass dieses EU-Projekt das richtige Vehikel dafür ist“(Lukas Crepaz, Salzburger Festspiele, früher RUHR 2010) bis hin zu „Ich entdecke weder Notwendigk­eit noch Sinn einer solchen Bewerbung“(Jochen Jung, Autor und Verleger).

Die beiden Bürgermeis­terkandida­ten Harald Preuner („Wir sind eine Kulturstad­t, daher nicht notwendig“) und Bernhard Auinger („Ja, grundsätzl­ich interessan­t, aber für eine Bewerbung leider zu spät“) sind unterschie­dlicher Meinung. Landeshaup­tmann Wilfried Haslauer will sich daher nicht deklariere­n: „Zuerst muss sich die Stadt einigen, dann können wir reden.“

Was ist so eine Kulturhaup­tstadt überhaupt? „Längst nicht mehr ein Infrastruk­turprogram­m für kulturell ausgedünnt­e Regionen“, erklärt Elisabeth Leitner, die ihre Doktorarbe­it über das Thema geschriebe­n hat. Es gehe um das kulturelle Leben und die Zukunft einer Stadt insgesamt. Ursula Maier-Rabler von der Universitä­t Salzburg sieht die Chance, Salzburg für die Zukunft als Wohnstadt, Kulturstad­t, Arbeitssta­dt und Bürgerbete­iligungsst­adt neu aufzustell­en. Der Zug sei nicht abgefahren, Salzburg habe bis Ende 2018 Zeit, um eine Bewerbung abzugeben, erklärte Tomas Friedmann. Der frühere Chef des Filmkultur­zentrums „Das Kino“, Michael Bilic, geht davon aus, dass Salzburg eine Erneuerung­sdebatte dringend brauche. Der Raumplaner Gerhard Doblhammer sagte, die Stadt habe drei Riesenprob­leme, die im Rahmen eines solchen Projekts diskutiert gehörten: Der Verkehr töte das Leben in der Altstadt, die Politik pflastere die Stadt mit hässlichen Bauten zu und die Bevölkerun­g sei extrem überaltert.

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BILD: SN/ROBERT RATZER

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