Gedenktafeln für Josef Mohr wurden entfernt
Immer wieder sorgte die mit Fehlern behaftete Tafel in der Steingasse für Unmut. Die zweite, viel ältere Tafel war kaum jemandem aufgefallen.
SALZBURG-STADT. Auf diesen dunklen Klang hat Steinrestaurator Walter Paulus gewartet: „Nur noch ein paar Schläge, und wir können die Tafel abnehmen“, ruft er. Seit einer Stunde steht Paulus auf dem Baugerüst und werkt mit Flex, Hammer und Eisen, um die Gedenktafel am Haus Steingasse Nummer 9 aus der Mauer zu lösen.
Das denkmalgeschützte Haus wird derzeit renoviert. Der Eigentümer hat nichts gegen die Entfernung der Tafel aus Untersberger Marmor einzuwenden. 49 Jahre lang erinnerte sie an Joseph Mohr, den Textdichter von „Stille Nacht! Heilige Nacht!“. Die Stadt hatte die Tafel im Jahr 1968 zum 150-Jahr-Jubiläum des Liedes anbringen lassen.
„Es ist gut, dass die Tafel endlich weg ist“, sagt Michael Neureiter, der Präsident der StilleNacht-Gesellschaft. Die Tafel enthalte gleich zwei Fehler: Mohr sei nicht in dem Haus zur Welt gekommen. Das habe Historiker Manfred Fischer bereits 1998 anhand der Volkszählungslisten nachgewiesen. Außerdem habe Mohr den Text für das Lied nicht im Jahr der Uraufführung 1818 geschrieben, sondern bereits 1816 in Mariapfarr.
Jetzt löst Paulus die Tafel langsam von der Mauer – und staunt: „Auf der Rückseite wurde auch eine Inschrift eingraviert.“Die hintere Seite sei poliert, offenbar handle es sich um eine erste Version, die dem Auftraggeber nicht gefallen habe, mutmaßt Neureiter. Behutsam legt Paulus die Tafel vor dem Haus ab und macht sich dann auf den Weg in den ersten Stock, um auch die zweite Gedenktafel für Josef Mohr zu entfernen. Mohr habe in dem Haus seine Kinderjahre verbracht, ist darauf zu lesen. Was ebenfalls nicht stimmt. Mohr wohnte 1794 in der Steingasse 31.
„Ich habe erst vor wenigen Tagen erfahren, dass es eine zweite Tafel gibt“, sagt Neureiter. Kaum jemandem sei diese Tafel bisher aufgefallen. Dabei hänge sie schon seit dem 20. Dezember 1925 an der Hausmauer. Gewidmet hatte die Tafel der „Volksliedchor der Salzburger Mittelschüler“. Dieser Chor habe am 6. April 1938 Adolf Hitler bei seinem Salzburg-Besuch eine „Volkslied-Huldigung“dargebracht, erklärt Neureiter. Wenige Monate später sei er der HitlerJugend eingegliedert worden.
Beide Tafeln werden nun gereinigt und kommen dann ins Stadtarchiv. Kurz vor Beginn der Feierlichkeiten zum 200-Jahr-Jubiläum von „Stille Nacht“ist somit ein historischer Irrtum aus dem Stadtbild verschwunden.
„Ich weiß erst seit Montag, dass es eine zweite Tafel gibt.“