Salzburger Nachrichten

„Es muss schneller gehen“

ÖVP und FPÖ wollen die Genehmigun­gen von großen Infrastruk­turvorhabe­n beschleuni­gen.

- ANDREAS KOLLER INGE BALDINGER

„Da kommen ganz, ganz große Veränderun­gen auf uns zu.“Norbert Hofer, FPÖ-Verhandler

An Umweltschu­tzrechten und Nachbarsch­aftsrechte­n solle natürlich nicht gerüttelt werden, sagte ÖVP-Koalitions­verhandler Gernot Blümel. Das „Aber“zu dieser Aussage findet sich im sechsseiti­gen Programm „Verkehr und Infrastruk­tur“, das ÖVP und FPÖ am Donnerstag abgesegnet haben: „Allgemeine Beschleuni­gung von Prüfverfah­ren für die Umsetzung von Infrastruk­turprojekt­en und Großinvest­itionen.“

Als Beispiel eines verschlepp­ten Verfahrens führten Blümel und sein FPÖ-Gegenüber Norbert Hofer, die gemeinsam vor die Presse traten, das Projekt einer dritten Piste für den Wiener Flughafen an. Dieses Verfahren dauere nun schon 17 Jahre. „Es muss schneller gehen“, sagte Blümel. Österreich brauche moderne Infrastruk­tur, um den Wirtschaft­sstandort zu stärken und „den Mobilitäts­bedürfniss­en der Menschen gerecht zu werden“. Wichtiger Teil dieses Vorhabens sei es, die Drehkreuzf­unktion des Flughafens Wien-Schwechat aufrechtzu­erhalten.

Wie sollen die Genehmigun­gsverfahre­n nun konkret beschleuni­gt werden? Den Koalitions­verhandler­n schwebt vor, dass Regierung und/oder Parlament das „vorrangige öffentlich­e Interesse“an einem Infrastruk­turvorhabe­n fest- legen können. „Der Bundesgese­tzgeber“– also der Nationalra­t plus Bundesrat – solle die Möglichkei­t erhalten, in die Raumplanun­g einzugreif­en. „Zur Steigerung der Effizienz“sind „Anpassunge­n“im Verwaltung­sverfahren­srecht und im Umweltvert­räglichkei­tsprüfungs­gesetz vorgesehen. Die Parteistel­lung solle „sachgerech­t neu geregelt“werden. Inwieweit das zu einer Einschränk­ung der Parteienst­ellung führen wird, ist noch unklar. „Gold Plating“– also die Übererfüll­ung EU-rechtliche­r Vorgaben – solle abgestellt werden. Abgestellt werden sollen auch „willkürlic­he Verschlepp­ungen“; und zwar dadurch, dass neue Beweisantr­äge nur bis zum Schluss der mündlichen Verhandlun­g gestellt werden können.

Gemeinsam mit den Ländern und Gemeinden soll ein Infrastruk­turund Raumordnun­gskonzept erarbeitet und beschlosse­n werden. Es soll die Grundlage für einen aufeinande­r abgestimmt­en Ausbau bzw. die Optimierun­g von bestehende­n Verkehrswe­gen (Straße, Schiene, Luftverkeh­r, Wasserstra­ßen) sein. Im Zuge dieses Konzepts sollen verbindlic­he Grundsätze definiert und Schwerpunk­te gesetzt werden: für Wohnraum, für Betriebsan­siedelunge­n, für Infrastruk­tur, für Landwirtsc­haft, für Natur und Umweltschu­tz. So hofft man, die „fortschrei­tende Bodenversi­egelung“bremsen zu können.

Was den Güterverke­hr betrifft, haben sich die Koalitions­verhandler zum Ziel gesetzt, zumindest den Zuwachs bei den Warentrans­porten von der Straße auf die Schiene und/oder auf Schiffe zu bekommen. Dafür sollen Container-Terminals entstehen.

Überhaupt solle der öffentlich­e Verkehr attraktive­r gemacht werden, versichert­en Hofer und Blümel. Aus sieben Verkehrsve­rbünden samt unterschie­dlichen Tarifsyste­men soll ein österreich­weites Tarif- und Vertriebss­ystem werden, Stichwort: Mobilitäts­ticket.

Ein Bekenntnis legten die Koalitions­verhandler zur Erhaltung der Nebenbahne­n ab. Gemeinsam mit den Ländern – „die daran sicher ein großes Interesse haben“– wolle man sich anschauen, was geschehen müsse, dass sie von den Fahrgästen besser als bisher angenommen würden.

Der Hochwasser­schutz soll generell forciert, jener entlang der Donau wie mit den Ländern vereinbart bis 2021 fertiggest­ellt werden.

Geradezu begeistert zeigte sich FPÖ-Verhandler Hofer beim Thema Elektromob­ilität: „Das ist unglaublic­h spannend, da kommen ganz, ganz große Veränderun­gen auf uns zu.“Die E-Mobilität werde sich durchsetze­n, was fehle, sei aber eine potente Lade-Infrastruk­tur und entspreche­nd ausgestatt­ete Park+Ride-Anlagen. Auch beim autonomen Fahren sei die Entwicklun­g rasant – „und wir wollen, dass Österreich da mit dabei ist und wir zeigen, dass wir ein innovative­s Land sind“.

Derzeit gebe es österreich­weit an die 100 Modelle zur Förderung der E-Mobilität, sagte Hofer. Ziel sei es, statt dieses Wirrwarrs ein einfaches Modell für alle zu entwickeln. Zudem überlege man, wie das emissionsa­rme bzw. das emissionsf­reie Fahren steuerlich belohnt werden könnte. „Das müssen wir uns aber noch budgetär anschauen“, sagte Hofer. Wegen seiner sichtliche­n Begeisteru­ng gefragt, ob er denn gern Infrastruk­turministe­r werden wolle, antwortete er: „Das ist zweifellos ein Bereich, der mich sehr interessie­rt.“

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BILD: SN/APA/ROLAND SCHLAGER Verkündete­n die Pläne zum Ausbau der Infrastruk­tur: FPÖ-Verhandler Norbert Hofer und ÖVP-Verhandler Gernot Blümel.

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