„Es muss schneller gehen“
ÖVP und FPÖ wollen die Genehmigungen von großen Infrastrukturvorhaben beschleunigen.
„Da kommen ganz, ganz große Veränderungen auf uns zu.“Norbert Hofer, FPÖ-Verhandler
An Umweltschutzrechten und Nachbarschaftsrechten solle natürlich nicht gerüttelt werden, sagte ÖVP-Koalitionsverhandler Gernot Blümel. Das „Aber“zu dieser Aussage findet sich im sechsseitigen Programm „Verkehr und Infrastruktur“, das ÖVP und FPÖ am Donnerstag abgesegnet haben: „Allgemeine Beschleunigung von Prüfverfahren für die Umsetzung von Infrastrukturprojekten und Großinvestitionen.“
Als Beispiel eines verschleppten Verfahrens führten Blümel und sein FPÖ-Gegenüber Norbert Hofer, die gemeinsam vor die Presse traten, das Projekt einer dritten Piste für den Wiener Flughafen an. Dieses Verfahren dauere nun schon 17 Jahre. „Es muss schneller gehen“, sagte Blümel. Österreich brauche moderne Infrastruktur, um den Wirtschaftsstandort zu stärken und „den Mobilitätsbedürfnissen der Menschen gerecht zu werden“. Wichtiger Teil dieses Vorhabens sei es, die Drehkreuzfunktion des Flughafens Wien-Schwechat aufrechtzuerhalten.
Wie sollen die Genehmigungsverfahren nun konkret beschleunigt werden? Den Koalitionsverhandlern schwebt vor, dass Regierung und/oder Parlament das „vorrangige öffentliche Interesse“an einem Infrastrukturvorhaben fest- legen können. „Der Bundesgesetzgeber“– also der Nationalrat plus Bundesrat – solle die Möglichkeit erhalten, in die Raumplanung einzugreifen. „Zur Steigerung der Effizienz“sind „Anpassungen“im Verwaltungsverfahrensrecht und im Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz vorgesehen. Die Parteistellung solle „sachgerecht neu geregelt“werden. Inwieweit das zu einer Einschränkung der Parteienstellung führen wird, ist noch unklar. „Gold Plating“– also die Übererfüllung EU-rechtlicher Vorgaben – solle abgestellt werden. Abgestellt werden sollen auch „willkürliche Verschleppungen“; und zwar dadurch, dass neue Beweisanträge nur bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung gestellt werden können.
Gemeinsam mit den Ländern und Gemeinden soll ein Infrastrukturund Raumordnungskonzept erarbeitet und beschlossen werden. Es soll die Grundlage für einen aufeinander abgestimmten Ausbau bzw. die Optimierung von bestehenden Verkehrswegen (Straße, Schiene, Luftverkehr, Wasserstraßen) sein. Im Zuge dieses Konzepts sollen verbindliche Grundsätze definiert und Schwerpunkte gesetzt werden: für Wohnraum, für Betriebsansiedelungen, für Infrastruktur, für Landwirtschaft, für Natur und Umweltschutz. So hofft man, die „fortschreitende Bodenversiegelung“bremsen zu können.
Was den Güterverkehr betrifft, haben sich die Koalitionsverhandler zum Ziel gesetzt, zumindest den Zuwachs bei den Warentransporten von der Straße auf die Schiene und/oder auf Schiffe zu bekommen. Dafür sollen Container-Terminals entstehen.
Überhaupt solle der öffentliche Verkehr attraktiver gemacht werden, versicherten Hofer und Blümel. Aus sieben Verkehrsverbünden samt unterschiedlichen Tarifsystemen soll ein österreichweites Tarif- und Vertriebssystem werden, Stichwort: Mobilitätsticket.
Ein Bekenntnis legten die Koalitionsverhandler zur Erhaltung der Nebenbahnen ab. Gemeinsam mit den Ländern – „die daran sicher ein großes Interesse haben“– wolle man sich anschauen, was geschehen müsse, dass sie von den Fahrgästen besser als bisher angenommen würden.
Der Hochwasserschutz soll generell forciert, jener entlang der Donau wie mit den Ländern vereinbart bis 2021 fertiggestellt werden.
Geradezu begeistert zeigte sich FPÖ-Verhandler Hofer beim Thema Elektromobilität: „Das ist unglaublich spannend, da kommen ganz, ganz große Veränderungen auf uns zu.“Die E-Mobilität werde sich durchsetzen, was fehle, sei aber eine potente Lade-Infrastruktur und entsprechend ausgestattete Park+Ride-Anlagen. Auch beim autonomen Fahren sei die Entwicklung rasant – „und wir wollen, dass Österreich da mit dabei ist und wir zeigen, dass wir ein innovatives Land sind“.
Derzeit gebe es österreichweit an die 100 Modelle zur Förderung der E-Mobilität, sagte Hofer. Ziel sei es, statt dieses Wirrwarrs ein einfaches Modell für alle zu entwickeln. Zudem überlege man, wie das emissionsarme bzw. das emissionsfreie Fahren steuerlich belohnt werden könnte. „Das müssen wir uns aber noch budgetär anschauen“, sagte Hofer. Wegen seiner sichtlichen Begeisterung gefragt, ob er denn gern Infrastrukturminister werden wolle, antwortete er: „Das ist zweifellos ein Bereich, der mich sehr interessiert.“