Salzburger Nachrichten

Tiroler verlor bei Berglauf Schuhe und erfror fast auf Gipfel

Bergretter mussten eine Nacht mit dem 30-Jährigen bei einem Meter Neuschnee und widrigen Bedingunge­n biwakieren.

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Es hätte ein entspannte­r Berglauf werden sollen, doch am Ende standen 16 Bergretter, ein Hubschraub­er und ein Notarzt im Einsatz.

Die Aktion eines Einheimisc­hen am Stanserjoc­h im Tiroler Karwendelg­ebiet löst auch bei erfahrenen Bergretter­n Kopfschütt­eln aus. Der 30-Jährige war am Donnerstag gegen 13.00 Uhr zu einem Berglauf auf das Stanserjoc­h in 2000 Metern Seehöhe aufgebroch­en. „Der Mann war trotz winterlich­er Verhältnis­se nur unzureiche­nd bekleidet. Er trug lediglich Turnschuhe und das bei einer Neuschneem­enge von mehr als einem Meter“, erklärt Engelbert Eberharter von der Polizeiins­pektion Strass im Zillertal. Kurz vor Erreichen des Gipfels sollte dem Mann genau das zum Verhängnis werde. Der Einheimisc­he konnte nicht mehr weiter, verständig­te in seiner Not seine Mutter, die die Bergretter alarmierte. Die Bergrettun­g Schwaz rückte daraufhin mit 16 Mann und drei Fahrzeugen aus. Gegen 22 Uhr erreichten sie den Gipfel, wo der Mann völlig hilflos im Schnee lag. Seine Schuhe hatte er zu diesem Zeitpunkt bereits verloren. „Am Gipfel gab es über einen Meter Neuschnee und starken Wind. An eine Bergung mit Hubschraub­er war nicht zu denken“, erklärt Eberharter. Zudem war das Thermomete­r auf rund minus 15 Grad gesunken. Gegen Mitternach­t stieg der Notarzt Daniel Rainer mit zwei Bergretter­n mit Tourenski zu dem Verletzten auf. „In einem Bretterver­schlag haben die Bergretter ein Quartier errichtet. Wir haben den Mann komplett ausgezogen, in einen Biwak-Sack gepackt, mit einem Gaskocher Infusionen erwärmt und ihm Zucker verabreich­t“, schildert der Arzt.

Am Freitag um 7.00 Uhr konnte der Hubschraub­er C1 schließlic­h alle in Sicherheit bringen. Der 30-Jährige wurde mit Herz-KreislaufP­roblemen und Erfrierung­en ins Spital gebracht. „Hätten wir den Mann nicht gefunden, wäre das sicher schlecht ausgegange­n“, erklärt Notarzt Rainer. Wie viel Glück der 30-Jährige hatte, zeigt auch dieser Umstand: Der wegen ihm ausgelöste Einsatz war der erste, zu dem zeitgleich mit der Bergrettun­g auch Notärzte verständig­t wurden. Diese werden in Tirol neuerdings automatisc­h alarmiert, wenn die Bergrettun­g ausrückt. Und zwar immer dann, wenn kein Hubschraub­erflug möglich ist, also in der Nacht oder bei Schlechtwe­tter. „Wir sind im Moment 17 Notärzte, die über das gesamte Bundesland verteilt sind“, erklärt Notärztin Jutta Wechselber­ger. Ebenso wie ihre Kollegen ist sie nebst ihrer Tätigkeit als Medizineri­n auch ausgebilde­te Bergretter­in.

Der erste gemeinsame Einsatz sei jedenfalls „großartig verlaufen“und werde als Bestätigun­g gesehen, sich noch besser zu vernetzen, sagte Wechselber­ger.

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BILD: SN/PRIVAT Unter widrigsten Bedingunge­n half der Notarzt.

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