Salzburger Nachrichten

Bitcoin – eine Währung, der man misstrauen sollte

Damit digitales Geld zu einer Währung wird, der Menschen vertrauen, ist es noch ein weiter Weg. Auf dem lauern viele Fallen.

- WWW.SN.AT/WIENS

In der „New York Times“erschien dieser Tage eine Karikatur, in der die Heiligen Drei Könige als Gaben ein iPhone X, einen Geschenkgu­tschein und Bitcoins zur Krippe bringen. Schöne Bescherung! Smartphone­s und Gutscheine mögen als Geschenke ja noch angehen, aber ob man sich die Kryptowähr­ung unterm Christbaum wünschen sollte, ist sehr fraglich.

Es gebe gute Gründe, bei Bitcoin vorsichtig zu sein, schreibt der französisc­he Wirtschaft­snobelprei­sträger Jean Tirole in einem Gastkommen­tar in der „Financial Times“. Er zweifelt an der Nachhaltig­keit des Wertes von Bitcoins, die zudem nichts fürs Gemeinwohl leisten, weil die Gewinne aus der Geldschöpf­ung nicht der Allgemeinh­eit, sondern jenen zugute kommen, die in Computerle­istung investiere­n und Elektrizit­ät verbrauche­n. Sein gleichfall­s nobelgepri­esener US-Kollege Joseph Stiglitz tritt mit ähnlichen Argumenten sogar für ein Verbot von Bitcoin ein.

Kein Zweifel besteht daran, dass sich Bitcoins als lukrative Geldanlage erwiesen haben. Einige haben mit dem Investment in Bitcoin – der ersten und prominente­sten unter den digitalen Währungen – viel Geld verdient. Möglicherw­eise sind die Gewinnchan­cen noch nicht ausgereizt, bisher ist der Kurs auch nach heftigen Rückschläg­en immer weiter nach oben gegangen. Die Bitcoin-Fans können weiter träumen.

Es könnte allerdings auch ein böses Erwachen aus diesem Traum geben. Denn angesichts der heftigen Sprünge, die die Kurse von Bitcoin machen, sollten Anleger nachdenkli­ch werden. Notierte Bitcoin zu Jahresbegi­nn noch bei 850 Dollar, wurde diese Woche die Marke von 10.000 Dollar übertroffe­n. Der Kurs schwankt tageweise aber um 20 Prozent nach oben und unten. Genau das ist der Punkt, an dem Zweifel aufkommen, ob Bitcoin & Co. eine elektronis­che Währung werden können, der man vertrauen kann.

Die Bitcoin-Verfechter führen ins Treffen, dass sie anders als herkömmlic­he Währungen, bei denen die Notenpress­e angeworfen werden kann, nicht beliebig vermehrbar ist – die maximale Stückzahl liegt bei 21 Millionen – und somit die Gefahr von Inflation gebannt ist. Mit der Verknappun­g hat man aber erreicht, dass Bitcoins gehortet statt für Transaktio­nen eingesetzt werden, und ihr Wert deshalb stetig steigt.

Viele sehen in Bitcoin daher noch nicht die Währung der Zukunft, sondern bloß die Wiederholu­ng der Tulpenmani­e im Holland des 17. Jahrhunder­ts in neuer Form. Sicher ist, dass wir Zeugen einer Preisblase sind. Das einzig Gute daran ist: Wenn sie platzt, wird das Finanzsyst­em deshalb nicht kollabiere­n.

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Richard Wiens

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