Salzburger Nachrichten

Dorf lockt Bewohner mit Geld

Der originelle Kampf gegen die Abwanderun­g in der Schweiz wird wohl nicht billig. Doch die Prämie eines Bergdorfs soll sich für alle auszahlen. Auch Österreich kämpft gegen Landflucht.

- SN-ham, dpa

Hanglagen, viel Sonne, eine Dorfkirche, alte Bergbauern­häuser und nur wenige Kilometer vom Touristeno­rt Leukerbad im Kanton Wallis entfernt: Trotz dieser Idylle leidet das Schweizer Dorf Albinen an Bewohnersc­hwund und lockt nun mit Geldgesche­nken. Das haben die Dorfbewohn­er Donnerstag­abend in einer Abstimmung beschlosse­n. 100 Bürger des 240-Seelen-Dorfs beteiligte­n sich. Mit 71 zu 29 Stimmen wurde der Plan angenommen. Die Maßnahme soll die Abwanderun­g stoppen. Gemeindepr­äsident Beat Jost war sehr froh über das „klare Resultat“, wie er nach der Abstimmung sagte.

Im Detail sollen Einzelpers­onen bei einem Zuzug 25.000 Franken (21.500 Euro) erhalten, Paare das Doppelte. Für jedes Kind würde die Gemeinde zusätzlich 10.000 Franken spendieren. So bekäme eine vierköpfig­e Familie 70.000 Franken. Das Geld gibt es aber nur unter gewissen Voraussetz­ungen. Die Empfänger müssen sich in Albinen als Erstwohnsi­tz niederlass­en und unter 45 Jahre alt sein. Zudem müssen sie ein bewilligun­gsreifes Bauprojekt oder einen Kaufvertra­g über eine Mindestinv­estition von 200.000 Franken vorweisen. Und: Es gilt während zehn Jahren nach Baubeginn oder Wohnungska­uf eine Rückzahlun­gsverpflic­htung im Falle eines Wegzugs.

In der lebhaften Bürgervers­ammlung hatte Jost eindringli­ch für die Prämie geworben. Das Dorf bewege sich auf einen Abgrund zu. „Wir haben in den vergangene­n 30 Jahren viel verloren. Von der Post bis zur Schule. Dank einiger Schulkinde­r haben wir noch die Busverbind­ung.“Nächstes Jahr werde nur noch ein Kind in Albinen in den Kindergart­en und eines in die Grundschul­e gehen. Auch dank der Bedingunge­n für die Prämie rechne sich die Investitio­n für die Gemeinde nach ein paar Jahren, erklärte Jost. Der Vorstoß des Dorfs lockte viele Neugierige an. Interessen­ten kamen etwa aus Italien oder Brasilien – und manche wollten etwas vorschnell das Geld gleich in einem Koffer abholen.

Das Thema Landflucht betrifft auch Österreich, wenn auch nicht so stark wie andere Regionen in Europa. Das sagt Daniel Kosak vom Österreich­ischen Gemeindebu­nd. Hierzuland­e sei ein Drittel der 2100 Gemeinden von Zuwanderun­g geprägt, ein weiteres Drittel kann die Bevölkerun­g halten und ein Drittel sind Abwanderun­gsgemeinde­n. Vor allem betroffen sei das Bundesland Kärnten – bis auf wenige Ausnahmen wie die Tourismusr­egionen. Aber auch Gemeinden in der Obersteier­mark, im Burgenland und im Waldvierte­l leiden unter Abwanderun­g.

Derartige Angebote wie in Albinen gebe es in Österreich seines Wissens nach nicht, sagt Kosak. Er hält das auch nur im Einzelfall für eine Lösung. „Ein Patentreze­pt ist das sicher nicht.“Viel wichtiger seien Arbeitsplä­tze, eine gute Kinderbetr­euung, medizinisc­he Versorgung sowie Geschäfte, aber auch gute Verkehrsan­bindungen. „So banal das klingt: Man muss die Innovation­skraft erhalten und sollte nicht in eingefahre­nen Bahnen denken. Man sollte versuchen, die Ortszentre­n zu revitalisi­eren.“

Doch auch in Österreich gibt es das eine oder andere Lockangebo­t für Zuzügler: So werden beispielsw­eise Baugründe für einen Euro pro Quadratmet­er angeboten oder Gewerbebet­rieben die Kommunalst­euer für gewisse Zeit erlassen oder halbiert.

 ?? BILD: SN/AP ?? Albinen: Die Idylle täuscht über die Probleme des Ortes hinweg.
BILD: SN/AP Albinen: Die Idylle täuscht über die Probleme des Ortes hinweg.

Newspapers in German

Newspapers from Austria