Salzburger Nachrichten

Verbot für Hausunterr­icht?

90 Kinder werden in Salzburg häuslich unterricht­et. Die Kinderanwa­ltschaft fordert eine Gesetzesän­derung und den Entzug des Öffentlich­keitsrecht­s für die Weinbergsc­hule in Seekirchen.

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SALZBURG. Die Weinbergsc­hule in Seekirchen kommt nicht aus den Schlagzeil­en. Hier wird nach der umstritten­en Schetinin-Methode aus Russland unterricht­et. Nun fordert die Salzburger Kinderund Jugendanwa­ltschaft (kija), dass der Privatschu­le das Öffentlich­keitsrecht entzogen wird. „Der Unterricht an dieser Schule fällt in die Kategorie häuslicher Unterricht, weil Eltern hier die Funktion eines Lehrers übernehmen“, erläutert kija-Leiterin Andrea Holz-Dahrenstae­dt.

Das Öffentlich­keitsrecht könne jedoch nur das Bildungsmi­nisterium entziehen. Denn die Kinderund Jugendanwa­ltschaft hat weder Entscheidu­ngsbefugni­s noch Durchgriff­srecht oder Akteneinsi­cht. Man könne nur Problemfäl­le an die Öffentlich­keit bringen – wie eben im Fall der Weinbergsc­hule, sagt HolzDahren­staedt.

Derzeit arbeiten die kija-Einrichtun­gen in Österreich an einer umfassende­n Stellungna­hme zum Thema Hausunterr­icht. Fernziel ist eine Gesetzesän­derung. „In Deutschlan­d ist häuslicher Unterricht verboten, in Österreich nicht. Das diesbezügl­iche Grundgeset­z stammt aus dem Jahr 1867. Damals gab es noch nicht einmal Kinderrech­te“, kritisiert Holz-Dahrenstae­dt.

Im Bundesland Salzburg werden 90 Kinder häuslich unterricht­et, österreich­weit sind es derzeit rund 2000 – Tendenz steigend. „Das kann damit zusammenhä­ngen, dass ganz allgemein das Zutrauen in den Staat und in die Politik schwindet“, vermutet Holz-Dahrenstae­dt. Teils würden Parallelwe­lten geschaffen, die mitunter paramilitä­rische oder antisemiti­sche Züge hätten: „Je geschlosse­ner das System, desto mehr fehlt das Korrektiv.“Das Kind sei dann ausgeliefe­rt. Zudem fehlen ein verpflicht­ender Lehrplan und die Entwicklun­g sozialer Kompetenze­n, die ein Kind eben nur im Verbund mit Gleichaltr­igen erlerne.

Kritik am Privatschu­lgesetz übt auch der Landesschu­lrat. „Eine Schule darf in Österreich prinzipiel­l jeder führen. Es braucht nur einen Schulleite­r, Lehrer, einen Schulraum und die Ausstattun­g“, sagt Landesschu­lratsdirek­tor Andreas Mazzucco.

Nicht betroffen seien ausdrückli­ch anerkannte alternativ­e Schulforme­n wie die Waldorfode­r die Montessori­schule, sind sich kija und Landesschu­lrat einig. Davon gebe es in Österreich rund 60, darunter auch die Waldorfsch­ule in Salzburg-Mayrwies und die Vogelsangs­chule in Saalfelden. „Bei denen gab es nie ein Problem“, sagt Mazzucco.

„Ist das System geschlosse­n, dann fehlt das Korrektiv.“

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Andrea Holz-Dahrenstae­dt, kija
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