Der Arbeitslosenstatistik ist zu misstrauen
Weniger Arbeitslose? Das ist der Stoff für schöne Politikerreden. Doch die Realität ist unschön. Die schreit nach Neuem.
Wirtschaft ist eine komplizierte Angelegenheit. Deshalb sollte man Statistiken und ihren Interpretationen grundsätzlich einmal misstrauen. Das gilt auch für die jüngste Arbeitslosenstatistik. Die zeigt sinkende Arbeitslosenzahlen und ein steigendes Arbeitskräfteangebot. Dieser Mix suggeriert, alles wird gut. Doch das ist trügerisch. Denn in vielen Fällen passen die Arbeitssuchenden mit den Anforderungen derer, die Arbeitskräfte suchen, nicht zusammen. Und ohne große Anstrengungen werden sie auch in Zukunft nicht zusammenfinden. Im Gegenteil, das Missverhältnis wird größer werden, weil immer öfter Fachkräfte in verschiedensten Bereichen fehlen.
Das alles ist eine Katastrophe für jeden einzelnen Arbeitslosen, eine Belastung für den Sozialstaat und ein limitierender Faktor für die Wirtschaft. Bereits jetzt müssen Unternehmen Aufträge ablehnen, weil sie zu wenig Personal haben.
Langfristig ist hier eine bessere Bildungspolitik gefragt als die bisherige. Doch der einzelne Arbeitslose oder Betrieb braucht auch kurzfristigere Lösungen. Und die heißen Qualifizierung und Schulung. Das klingt so einfach, ist es aber nicht. Denn diese Qualifizierung muss auf mehreren Ebenen stattfinden. Erstens in den Betrieben. Der Wandel der Arbeitswelt bedingt, dass Mitarbeiter ständig Neues lernen müssen. Das heißt, die Betriebe müssten ihre bestehenden Mitarbeiter unaufhörlich schulen. In Zeiten, in denen manche nicht mehr wissen, wie sie die viele Arbeit bewerkstelligen können, kommt dies der Quadratur des Kreises gleich. Doch wer jetzt nicht in seine Arbeitskräfte investiert, steht morgen ohne da.
Die zweite Ebene ist die Arbeitsmarktpolitik. Viel zu lange wurde hier dem Thema Geld zu viel Aufmerksamkeit zuteil. Keinem Betrieb nützt eine finanzielle Unterstützung für eine Arbeitskraft, wenn diese dann nicht den Anforderungen entsprechen kann. Auch dem Betroffenen hilft dies nur kurzfristig. Neu konstruierte und geförderte Jobs mögen für ganz bestimmte Gruppen eine Starthilfe für den Wiedereinstieg sein. Nur ohne Weiterbildung dieser Menschen wird auch dieses Geld langfristig verschwendet gewesen sein.
Österreich braucht eine neue Bildungspolitik, aber es braucht auch so etwas wie eine arbeitsmarktorientierte Weiterbildungspolitik, die Unternehmen, Arbeitnehmer und Weiterbildner im Boot hat. Diese Weiterbildungspolitik muss mehr sein als das schiere Schauen auf Arbeitslosenstatistiken, die sehr wenig über die Wirklichkeit aussagen.