Fünf Schritte vorwärts für unser politisches System
ÖVP und FPÖ wollen mehr Volksabstimmungen. Gut. Aber das kann nicht alles gewesen sein.
Die vermutlich kommende Regierung plant, wie man hört, einen Ausbau der direkten Demokratie. Das wäre ein wichtiger Schritt zur Belebung unseres politischen Systems, ist aber keinesfalls ausreichend. Mindestens fünf weitere Reformen sind notwendig.
1. Persönlichkeitswahlrecht: Die Wähler und nicht die Parteigremien müssen entscheiden können, wer im Parlament sitzt. Nur dann ist der Abgeordnete dem Wähler verpflichtet und nicht seinen Gremien. Heute ist genau das der Fall, und Sebastian Kurz wird das am eigenen Leibe zu spüren bekommen. Er wird Reformen, die zulasten der Bundesländer gehen, nicht durchbringen, weil ihm die Abgeordneten die Gefolgschaft verweigern werden. Sie verdanken ihr Mandat ja überwiegend der Landespartei und müssen ihr gehorchen.
2. Kürzere Wahlperiode: Die Legislaturperiode sollte wieder von fünf auf vier Jahre verkürzt werden. Die seinerzeitige Begründung von SPÖ und ÖVP für die Verlängerung lautete, die Regierung müsse zwischen den Wahlen mehr Zeit zum Arbeiten haben. In den Jahren der großen Stillstandskoalition hat sich diese Begründung als Hohn erwiesen. Die Bürger sollen daher wieder öfter wählen dürfen.
3. Ein einziger Wahltag. Die Nationalratswahl und alle Landtagswahlen sollten am gleichen Tag stattfinden. Dann hätte die Regierung tatsächlich mehr Zeit zum Arbeiten, weil sie nicht mehr auf die Wahlen in den Bundesländern Rücksicht nehmen müsste. Im kommenden Frühjahr finden gleich an vier Sonntagen Landtagswahlen statt.
4. Weniger Parteienförderung. Dass Wahlkämpfe immer mehr zu teuren Materialschlachten ausarten, widerspricht dem Geist der Demokratie. Sie sollte ein Wettbewerb der Ideen sein, nicht der Millionen. Der jüngste Wahlkampf hat gezeigt, zu welch üblen Zwecken die Parteien ihr Geld einsetzen. Abhilfe kann eine drastische Kürzung der Parteienförderung schaffen, die in Österreich höher ist als im Rest Europas. Der frühere Salzburger Landeshauptmann-Stellvertreter Arno Gasteiger schlägt dazu eine Art Weisenrat vor: Nicht die Parteien selbst sollen die Höhe ihrer Förderungen festlegen können. Sondern die Präsidenten des Rechnungshofs, des Verfassungsgerichtshofs und der Kammer der Wirtschaftstreuhänder sollen prüfen, welches Ausmaß an Parteienförderung vertretbar ist.
5. Höheres Wahlalter. In fast keinem anderen Staat der Welt ist das Wahlalter so niedrig wie in Österreich. Ob die 2007 vorgenommene Wahlalter-Senkung von 18 auf 16 Jahre tatsächlich der Hebung der politischen Bildung diente, wie damals argumentiert wurde? Nach zehn Jahren sollte überprüft werden, ob dieser erhoffte Effekt wirklich eingetreten ist.