Salzburger Nachrichten

Die Stunde der Wahrheit rückt näher

Ex-Sicherheit­sberater Michael Flynn hat sich des Meineids schuldig bekannt und kooperiert mit den Ermittlern. Das ist ein schlechter Deal für Trump.

- AUSSEN@SN.AT

Die Bereitscha­ft Michael Flynns, mit Sonderermi­ttler Robert Mueller in der Russland-Affäre zu kooperiere­n, kommt einem politische­n Tsunami gleich. Statt Vorfreude auf die erste gesetzgebe­rische Errungensc­haft bei der Steuerrefo­rm verängstig­te das Weiße Haus plötzlich die Aussicht auf eine Flutwelle, die über die Präsidents­chaft hereinbrec­hen könnte.

Es ist gewiss eine Zäsur in den sechsmonat­igen Ermittlung­en Muellers, der mit Flynn so etwas wie einen potenziell­en Kronzeugen gegen Donald Trump gewonnen hat. Denn Flynn war nicht irgendwer, sondern einer der engsten Vertrauten des Präsidente­n im Wahlkampf.

Muellers Team hatte Flynn eine lange Liste an möglichen Anklagepun­kten gegen ihn selbst und seinen Sohn präsentier­t, die ihm bei einer Verurteilu­ng Jahre hinter Gittern einbrächte­n. Sie reicht von seinen verschwieg­enen Kontakten zum russischen Botschafte­r in Washington, Sergej Kislyak, über nicht öffentlich gemachte Lobbyisten­arbeit für die Türkei und Russland bis zum Belügen der Ermittler. Nach Einschätzu­ng von Experten hat Mueller derart wasserdich­te Argumente gegen Flynn in der Hand, dass dieser nun jede Motivation hat, mit dem Sonderermi­ttler zu kooperiere­n.

Trumps Anwälte wissen, was das für den Präsidente­n und die Personen in seinem Orbit bedeutet. Der dringend des Verrats verdächtig­te Flynn droht nun gegenüber dem Sonderermi­ttler auszupacke­n. Wie in einem Mafia-Verfahren arbeitet sich Muellers Team systematis­ch von unten nach oben an sein eigentlich­es Ziel vor. Unmittelba­r nach dem Gerichtsau­ftritt Flynns am Freitag fanden sich ein „hoher“und ein „sehr hoher“Mitarbeite­r Trumps im Visier. Bei den Personen handelt es sich um K. T. McFarland, die später als stellvertr­etende Sicherheit­sberaterin des US-Präsidente­n tätig war, und Trumps Schwiegers­ohn Jared Kushner. Zum Beweis einer Verschwöru­ng im Wahlkampf könnten Flynn und der bereits früher zur Kooperatio­n bereite ehemalige außenpolit­ische Berater Trumps, George Papadopoul­os, entscheide­nde Hinweise liefern. Unter massivem Druck steht auch der ehemalige Wahlkampfm­anager des Präsidente­n, Paul Manafort.

Am 14. Februar hatte Trump den damaligen FBI-Direktor James Comey nach dessen Angaben beiseitege­nommen und ihn gefragt, ob er Flynn in Ruhe lassen könne. Im Mai war Comey vom Präsidente­n gefeuert worden. Der danach eingesetzt­e Sonderermi­ttler Mueller geht bei seinen Ermittlung­en auch der Frage nach, ob sich Trump der Rechtsbehi­nderung schuldig gemacht hat.

Die Stunde der Wahrheit rückt näher.

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Thomas J. Spang

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