Jedem Ende wohnt ein Anfang inne
So sieht das Markus Söder. Nach der Pleite bei der deutschen Bundestagswahl hofft der CSU-Politiker auf einen Karrieresprung.
„Wenn ich Mitglied der SPD wäre, hätte die CSU ein Problem.“Der Satz zeugt nicht nur vom Humor des ambitionierten bayerischen Finanzministers Markus Söder (CSU). Er strotzt vor allem vor Selbstbewusstsein. Das ist eine der hervorstechendsten Eigenschaften des 1,94 Meter großen Politikers. Er will ganz nach oben – allerdings nur in Bayern. Sein Ziel heißt Ministerpräsident, nicht Parteivorsitz.
Diesem Ziel ist er derzeit so nah wie noch nie. Denn der noch amtierende Parteichef und Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) ist angeschlagen wie noch nie. Bei der Bundestagswahl verlor die Partei zehn Punkte. Derzeit steht sie immer noch bei etwa 37 Prozent. Das ist zu wenig, um die absolute Mehrheit zu verteidigen. Drunter aber tut es die erfolgsverwöhnte CSU nicht. Helmut Uwer berichtet für die SN aus Deutschland
Seehofer aber will Söder unter allen Umständen als Nachfolger verhindern. Darum gab es letzte Woche ein Geheimtreffen Seehofers und seiner Getreuen, wo angeblich die Wahl auf Innenminister Joachim Herrmann (CSU) als neuer Ministerpräsident fiel, was Herrmann nicht kommentieren wollte. Herrmann ist so etwas wie die Allzweckwaffe Seehofers. Der CSUChef wollte seinen Innenminister auch schon als Minister nach Berlin schicken. Jetzt aber sieht Seehofer einen Ministerposten in Berlin wohl als letzte Chance für sich selbst, wenigstens den Parteivorsitz zu behalten.
Nicht ganz klar ist, warum Seehofer Söder mit allen Mitteln verhindern will. Weil beide Alphatiere sind? Die eine Theorie besagt, Seehofer sei überzeugt, dass Söder vor zehn Jahren die Medien über sein uneheliches Kind informierte. Auf einer CSU-Weihnachtsfeier lästerte er dann über den abwesenden Söder, der „charakterliche Schwächen“habe und zu „Schmutzeleien“neige. Nach einer anderen Theorie traut Seehofer dem Polarisierer Söder nicht zu, die Volkspartei CSU in ihrer Breite zu verkörpern. Grundsätzlich gehen sich beide möglichst aus dem Weg. Fachlich indes lässt Seehofer nichts auf seinen Finanzminister kommen: „Da gibt es nichts zu meckern.“Er traut Söder aber auch das strategische Geschick zu, ihn aus dem Amt zu drängen.
Der 1967 in Nürnberg geborene Söder stammt wie Seehofer aus einfachen Verhältnissen. Mit 16 trat er aus Begeisterung für Franz Josef Strauß in die CSU ein. Unter dem früheren Ministerpräsidenten Edmund Stoiber wurde er Generalsekretär und erwarb sich den Ruf, manchmal schneller zu sprechen, als zu denken. Belächelt wurde etwa sein Vorstoß zur Rettung des Sandmännchens. Er wollte die Namen von Schwarzfahrern ins Internet stellen und zur besseren Integration von Ausländern in den Schulen morgens die Nationalhymne singen lassen. Zum Karneval ist ihm kein Kostüm zu gewagt. So trat er schon als Marilyn Monroe, Mahatma Gandhi oder als Comicheld Homer Simpson auf.
Söder gilt vielen als Scharfmacher, Populist und Rechtsaußen. In den Medien wird er gern als „smarter Flachdenker“, „Boulevardpolitiker“ und „politischer Hallodri“tituliert. Und er ist einer der wenigen Politiker, die problemlos ein Bierzelt füllen können – was in Bayern so etwas wie das Maß aller Dinge ist. Obwohl er sich nach eigenen Angaben auf Bayern konzentriert, lässt er keine Talkshow aus und nimmt dort gern in seiner provokanten Weise Stellung zu allen Themen. Flüchtlinge gebe es zu viele, Grenzkontrollen zu wenige, der Euro sei zu weich und das Internet zu langsam, lauten seine Statements.
Im weiß-blauen Freistaat selbst hat er sich viel Dankbarkeit gesichert, weil er als Finanzminister die vielen Förderbescheide für Ortsumgehungen und Breitbandausbau gern persönlich vorbeibringt. In der Landtagsfraktion gilt er als akribischer Arbeiter, der sich geduldig die Sorgen selbst jeden Hinterbänklers anhört. Darum verbinden an der Basis und nicht zuletzt in der Landtagsfraktion viele mit ihm die Hoffnung, die arg gefährdete absolute Mehrheit bei der Landtagswahl in einem Jahr zu verteidigen. Die AfD kommt inzwischen auf 14 Prozent. Das ist doppelt so viel wie die Freien Wähler, die die CSU in der Vergangenheit Stimmen gekostet haben.