Horst Seehofer tritt einen Rückzug auf Raten an
Ein neuer Machtmensch an der politischen Spitze Bayerns: Markus Söder soll die CSU aus dem Stimmungstief bringen.
Das Fingerhakeln ist entschieden. Finanzminister Markus Söder zieht für die CSU anstelle von Regierungschef Horst Seehofer als Spitzenkandidat in die Landtagswahl 2018; er soll neuer Ministerpräsident werden. Seehofer hat zwar alles getan, um Söder als politischen Erben zu verhindern. Doch zu stark war das Drängen der Landtagsfraktion und auch der Basis der CSU auf einen jüngeren Nachfolger.
Wie früher hat die CSU den Kampf um die Führung erbittert und in aller Öffentlichkeit ausgetragen. Zwei Alphatiere warfen einander dabei die Hackl zwischen die Haxl. Zwar ist zwischendurch Wirtschaftsministerin Ilse Aigner als „Kronprinzessin“gehandelt worden. Listig hat sie zuletzt die Idee einer Urwahl der CSU-Mitglieder ins Kandidatenrennen gebracht. Doch die CSU, die aufgrund langer Dominanz Partei und Bayern in eins setzt, bevorzugt das Krachledern-Kräftige, Bierzelttaugliche. Franz Josef Strauß ist bis heute das Modell für den Bayern-Boss.
Söder kommt – und muss beweisen, dass er nicht bloß den Rempler beherrscht, sondern auch konsensbildend wirken kann. Denn die CSU ist in der Krise. Ihr weiß-blauer Thron der absoluten Parlamentsmehrheit wankt. Dies vor allem deshalb, weil den Christsozialen neuerdings mit der AfD eine Partei rechts von der CSU Stimmen abjagt – was laut Strauß nie hätte passieren dürfen. Seehofers unentschiedenen Kurs in der Flüchtlingspolitik haben die Nationalpopulisten bei der Bundestagswahl Ende September zum Nachteil der CSU plakativ zum Thema gemacht: „Wer CSU wählt, bekommt Merkel!“
Seehofer bleibt – und zwar als Parteichef der CSU. Damit ist er neben Söder der zweite König im Bayernland. Seehofer tritt nur einen Rückzug auf Raten an. Bei der Regierungsbildung in Berlin will er eine maßgebliche Rolle spielen, möglicherweise als Minister in das Kabinett von Angela Merkel wechseln; als Finanzminister hätte er gar eine Schlüsselstellung.
Für die Suche nach einer Regierung in Berlin ist es ein Vorteil, dass in München die Entscheidung gefallen ist und bei der CSU bald wieder Ruhe einkehrt. Seehofer drängt die wankelmütige SPD zu einer neuen Großen Koalition, die freilich nicht eine „GroKo“, sondern eine „KleinKo“ist – eine eher kleine Koalition der Verlierer mit nur noch 53 Prozent der Wählerstimmen. Seehofer tritt als erfahrener, aber nicht als bequemer Verhandler auf. Denn eine starke Position auf der Bundesebene auszuspielen und sich vom Rest der Republik abzugrenzen gehört gleichfalls zur Identität der CSU. Ihr Motto ist: „Mia san mia.“