Im Pub wurde der Grundstein für den Friedensnobelpreis gelegt
Österreichs Experte in Brüssel hat eine tragende Rolle bei der Kampagne zur atomaren Abrüstung (ICAN) gespielt.
Wenn am Sonntag die Generalsekretärin der Internationalen Kampagne für das Verbot nuklearer Waffen (ICAN) den Friedensnobelpreis in Oslo in Empfang nimmt, wird auch Österreichs Sicherheitspolitikexperte in Brüssel, Alexander Kmentt, dabei sein. Und er wird ein wenig stolz sein. Denn was wie eine gute Idee friedliebender Aktivisten klingt, war nicht zuletzt eine Initiative einiger weniger Länder, darunter Österreich, Norwegen und Irland, und des Roten Kreuzes.
Kmentt kümmert sich seit knapp 20 Jahren um Abrüstungsfragen, bis vor eineinhalb Jahren hat er die entsprechende Abteilung im Außenministerium in Wien geleitet. Jetzt vertritt er Österreich in jenem Botschaftergremium, das die Außen- und Sicherheitspolitik der EU koordiniert – von Missionen bis Sanktionen.
Der Jurist mag nicht verhehlen, dass ihm die nukleare Abrüstung ein Anliegen ist. „Wir wollten der fürchterlichen Abschreckungslogik etwas ganz anderes entgegensetzen“, berichtet er beim Frühstück im Vergnano, dem italienischsten unter den Cafés im Herzen des Europa-Viertels in Brüssel.
Begonnen habe alles 2011 bei ein paar losen Treffen der staatlichen Abrüstungsspezialisten, darunter Kmentt, mit ICAN-Vertretern in einem Pub bei London. Dort wurde gegrübelt, wie man den Diskurs über Atomwaffen fundamental umstellen könnte, und man fand Hebel: Studien, die zeigen, welche katastrophalen humanitären Auswirkungen moderne Nuklearwaffen im Kriegsfall haben. Und den Verweis auf die Risiken durch Unfälle oder technische Gebrechen. Auch 50 Kilometer südlich von Österreich lagerten auf einer italienischen NATO-Basis Atomwaffen, betont Kmentt. Bei einem Problem wären große Teile Österreichs Evakuierungszone.
2013 kam es zu einer ersten Konferenz in Norwegen – sehr zum Ärger der Atommächte. Es folgte eine weitere in Mexiko und noch eine vor drei Jahren in Wien, bei der sich bereits rund 127 Staaten dem Aufruf Österreichs für einen Verbotsvertrag anschlossen. Der Text war praktischerweise schon so formuliert, dass er sich auch für eine UNO-Resolution eignete. Als kurz darauf eine weitere Abrüstungskonferenz scheiterte, sahen die Kernwaffengegner ihre Gelegenheit gekommen. Verhandlungen auf UNO-Ebene starteten; im Juli 2017 nahmen 122 Staaten den Vertrag über das Verbot atomarer Waffen an.
„Wir argumentieren nicht, wer sie haben darf, sondern, dass niemand sie haben soll“, sagt Kmentt. Wenn 50 Staaten den Vertrag ratifiziert haben, tritt er in Kraft. „Das ist kein naives Flower-Power-Konzept“, betont Kmentt. Vielmehr versuche man, einer „extrem gefährlichen Entwicklung“mit politischem Druck entgegenzuwirken – und genau hier sieht er auch eine wichtige Rolle für die Europäische Union und Österreich.