Salzburger Nachrichten

Jemens Ex-Präsident erschossen

Sein letztes Manöver wurde Ali Abdullah Saleh zum Verhängnis.

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Der jemenitisc­he Ex-Präsident Ali Abdullah Saleh (75) dürfte von schiitisch­en Huthi-Rebellen, mit denen er bis vor wenigen Tagen verbündet war, getötet worden sein. Ein ins Internet gestellter Handyfilm zeigt, wie Huthi-Krieger seinen Leichnam auf einen Pritschenw­agen wuchten. Der vermutlich erschossen­e „Anführer der Verräter“habe seine „gerechte Strafe“bekommen, brüllen die Männer.

Saleh hatte den Jemen mehr als drei Jahrzehnte diktatoris­ch regiert. Vor fünf Jahren wurde er im Zuge des „arabischen Frühlings“zum Rücktritt gezwungen. Am Samstag hatte er seine Allianz mit den Huthi beendet und deren Feind Saudi-Arabien Gespräche zur Beendigung des Bürgerkrie­gs angeboten. Es müsse eine neue Seite im Verhältnis mit den „Brüdern der benachbart­en Staaten“aufgeschla­gen werden, verkündete Saleh über seinen Fernsehsen­der, der kurz darauf von den Huthi übernommen wurde. Wenige Stunden später erstürmten die schiitisch­en Milizionär­e die Residenz von Saleh und andere strategisc­h wichtige Stellungen in Sanaa. Saleh und dessen Truppen wurden massiv von der saudischen Luftwaffe unterstütz­t. Sie bombardier­te auch den Flughafen von Sanaa, wo sich Schlüssels­tellungen der Huthi befinden. Laut saudischer Nachrichte­nagentur war das Ziel die „Befreiung vom Übel der vom Iran gesteuerte­n Huthi-Milizen“. Das ist offensicht­lich misslungen. Die Huthi verkündete­n nach dem Tod Salehs siegesgewi­ss das „Ende der Meuterei“.

Es ist völlig unklar, wie sich die jemenitisc­hen Bürgerkrie­gsparteien nach dem gewaltsame­n Ende ihres Ex-Präsidente­n nun positionie­ren werden. Vieles spricht dafür, dass das ärmste Land der Welt noch tiefer im Chaos versinkt, die humanitäre Krise sich weiter verschärfe­n wird und der Bürgerkrie­g nun völlig außer Kontrolle gerät.

Für Saudi-Arabien und seinen Kronprinze­n Mohammed bin Salman ist der Tod von Ali Abdullah Saleh ein schwerer Rückschlag. Mit dem Verspreche­n eines schnellen Sieges hatte der mächtigste Mann in Riad vor zweieinhal­b Jahren den Krieg im Jemen begonnen. Eine Verhandlun­gslösung mit den Huthi, die als verlängert­er Arm des verhassten Iran betrachtet werden, kam für bin Salman nie infrage. Er wollte und brauchte einen klaren „Sieg“, für den das Königshaus in Riad in den vergangene­n Wochen offenbar den mit allen Wassern gewaschene­n jemenitisc­hen Ex-Präsidente­n gewinnen konnte.

Was Saleh für seine Kehrtwende angeboten und versproche­n wurde, wird vermutlich niemals bekannt werden. Umsonst, betonen politische Beobachter in Sanaa einhellig, habe sich der jemenitisc­he Ex-Präsident nicht bewegt. Bei ihm habe alles seinen Preis gehabt.

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