Salzburger Nachrichten

Polizei jagt den Paket-Erpresser

Eine Sonderkomm­ission mit 50 Ermittlern geht Hinweisen aus der Bevölkerun­g nach. Es ist nicht der erste Fall, bei dem ein Unternehme­n erpresst wird.

- SN-ham, dpa

Bei der Fahndung nach dem DHL-Erpresser erhielt die Polizei bis Montag rund 40 Hinweise. Eine heiße Spur sei aber noch nicht darunter, teilte eine Sprecherin am Montag mit. Eine Sonderkomm­ission wurde auf mehr als 50 Mitarbeite­r aufgestock­t.

Mitten im Weihnachts­geschäft verlangen der oder die Erpresser von der Pakettocht­er der Deutschen Post mehrere Millionen Euro und drohen mit weiteren Bomben. Wie berichtet, wurde am Freitag eine Paketbombe am Potsdamer Weihnachts­markt von Spezialist­en der Polizei unschädlic­h gemacht. Bereits Anfang November ging ein ähnlicher Sprengsatz bei einem Online-Versandhän­dler in Frankfurt (Oder) in Flammen auf.

Etwa sieben Millionen Pakete werden im Weihnachts­geschäft täglich durch Boten der Posttochte­r DHL zugestellt. „Es ist nahezu unmöglich, alle Pakete zu kontrollie­ren“, stellt DHL-Sprecher Dirk Klasen in Bonn klar. Die rund 60.000 Paketzuste­ller hätten die Erpressung ständig im Hinterkopf.

Aber auch zahlreiche Bürger meldeten am Montag verdächtig­e Pakete – allein das Potsdamer Polizeiprä­sidium zählte zehn. In allen Fällen hätten sich die Herkunft und der Inhalt klären lassen, ohne dass Spezialist­en der Polizei anrücken mussten, sagte die Sprecherin.

Polizei und Brandenbur­gs Innenminis­ter Karl-Heinz Schröter (SPD) riefen die Bevölkerun­g auf, beim Empfang verdächtig­er Pakete vorsichtig zu sein. Die Paketbombe­n könnten zu schwersten Verletzung­en oder sogar zum Tod führen.

Erpressung­en von Unternehme­n kommen immer wieder vor. Erst im September hatte ein Täter in Rheinland-Pfalz gedroht, 20 vergiftete Lebensmitt­el in Umlauf zu bringen, und per E-Mail einen niedrigen zweistelli­gen Millionenb­etrag gefordert. Nach Hinweisen aus der Bevölkerun­g wurde ein Verdächtig­er ausgeforsc­ht.

Im Jahr 2013 versuchte ein Niederöste­rreicher den Getränkehe­rsteller Red Bull um 3,6 Millionen Euro zu erpressen. Der Mann drohte, Getränkedo­sen mit Hepatits-Viren zu kontaminie­ren oder den Inhalt durch Säure auszutausc­hen und in Geschäften abzulegen, wenn nicht gezahlt werde. Bei einer Lösegeldüb­ergabe wurde der Mann verhaftet und später verurteilt.

Genervt reagierte am Montag der ehemalige Kaufhaus-Erpresser „Dagobert“auf die Äußerungen des brandenbur­gischen Innenminis­ters Karl-Heinz Schröter (SPD). Der Politiker sagte, er fühle sich durch den aktuellen Fall an „Dagobert“erinnert. „Ich bin kein Fachmann für Erpressung­en, sondern ein resozialis­ierter Bürger“, sagte Arno Funke. Sein polizeilic­hes Führungsze­ugnis sei inzwischen sauber, die Erpressung­en Teil seiner Vergangenh­eit.

Mit Tricks und gescheiter­ten Geldüberga­ben hatte Funke in den 1990er-Jahren in Deutschlan­d Aufsehen erregt. 1994 wurde er gefasst und zu neun Jahren Haft und Schadeners­atz verurteilt. Im Sommer 2000 kam Funke vorzeitig frei. Der heute 67-Jährige arbeitet als Karikaturi­st und schreibt Bücher. Seinen Spitznamen wurde der Geläuterte aber nie los. Polizei und Medien nannten ihn so, weil er per Zeitungsan­nonce mit dem Satz „Onkel Dagobert grüßt seine Neffen“das Signal zur Geldüberga­be geben wollte.

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BILD: SN/APA/AFP/DPA/MAURIZIO GAMBARINI An dieser Packstatio­n in Potsdam wurde das gefährlich­e Paket aufgegeben.

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