Der neue Vorsitzende Schäuble nannte ihn „Ronaldo der Eurogruppe“
Mário José Gomes de Freitas Centeno wird in vier Tagen 51 und hat tatsächlich etwas zu feiern. Erstmals hat ein Vertreter eines Landes, das sich einst unter den Euro-Rettungsschirm flüchten musste, den Vorsitz im wichtigsten Gremium der Währungsunion inne. Der gelernte Volkswirt mit einem Abschluss an der renommierten Harvard University ist erst seit zwei Jahren in der Politik und Finanzminister. Einen Großteil seiner Karriere hat er bei der portugiesischen Zentralbank verbracht, unter anderem als Vizechef der Abteilung Wirtschaftswissenschaften. 2015 wurde er als unabhängiger Kandidat ins portugiesische Parlament gewählt. In seiner Zeit als Finanzminister hat er den portugiesischen Haushalt nach jahrelangen Verstößen gegen die EU-Defizitvorgaben entschlossen saniert und das ohne massive Proteste. „Portugals Erfahrung zeigt, dass es in Europa möglich ist, Haushaltssanierung und Wachstum unter einen Hut zu bekommen“, sagte er vorige Woche, als er seine Kandidatur ankündigte. Dass er Minister einer sozialistischen Minderheitsregierung ist, hat die Wahl zum Eurogruppenchef befördert, weil alle anderen Präsidenten-Posten – in EU Kommission, Parlament, Rat – aktuell in den Händen der Christdemokraten sind. Deutschlands Ex-Finanzminister Wolfgang Schäuble soll Centeno laut portugiesischer Presse bei einer Eurogruppe im Mai in Anspielung auf den portugiesischen Fußballstar als „Cristiano Ronaldo“der EU-Finanzminister begrüßt haben. Der Südportugiese selbst ist ein Fan des bekanntesten Fußballclubs seiner Heimat: „Die einzige Sache, die mich definiert, ist die Familie und Benfica“, sagt der dreifache Vater dieser Tage. Als Wissenschafter beschäftigte er sich viel mit Lohnungleichheit, Niedrig- und Mindestlöhnen und Arbeitslosigkeit. Unter Wirtschaftsexperten hatte er auch einen Ruf als Liberaler, da er sich für eine stärkere Flexibilisierung des Arbeitsmarktes aussprach.