Salzburger Nachrichten

Über Russland hängt ein Damoklessc­hwert

Das Internatio­nale Olympische Komitee könnte heute das gesamte russische Team von den Winterspie­len 2018 verbannen.

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SALZBURG. Diese Sitzung des Internatio­nalen Olympische­n Komitees heute, Dienstag, in Lausanne birgt sportpolit­ischen Zündstoff. IOCPräside­nt Thomas Bach wird nach der Entscheidu­ng des Executive Board am Abend bekannt geben, ob das gesamte russische Team bei den Spielen 2018 in Pyeongchan­g fehlen wird oder unter welchen Sanktionen es starten darf. Fragen über Fragen. Eine SN-Übersicht. Was wird Russland vorgeworfe­n? Russland konnte staatlich unterstütz­tes Doping nachgewies­en werden. Etwas, was Russland immer wieder dementiert hat. Die WeltAnti-Doping-Agentur hatte im Mai 2016 Richard McLaren beauftragt, Beweise zu sammeln. Nach Erkenntnis­sen McLarens waren in Russland zwischen 2011 und 2016 mehr als 1000 Athleten in ein Dopingsyst­em verwickelt, das auch vom Sportminis­terium und vom Inlandsgeh­eimdienst Unterstütz­ung hatte. Bisher wurden 270 Athleten für „sauber“erklärt. Was brachten die Untersuchu­ngen bisher? Seit dem Dezember 2016 wurden gegen 28 russische Sportler Dopingverf­ahren eröffnet. Gesperrt wurden bisher 19 Sportlerin­nen und Sportler aus den Diszipline­n Bob, Skeleton, Skilanglau­f, Eisschnell­lauf und Biathlon. Der prominente­ste Dopingsünd­er ist der aktuellste: Lebenslang wurde der 50-km-Langlauf-Olympiasie­ger von Sotschi 2014, Alexander Legkow, gesperrt. Die Reaktionen des offizielle­n Russlands: Sie waren teils skurril bis weltfremd. Präsident Wladimir Putin sprach etwa beim McLarenRep­ort von einer gezielten Aktion, um Unruhe im Vorfeld der Präsidents­chaftswahl im März 2018 zu schaffen. Die McLaren-Untersuchu­ngen starteten übrigens im Frühjahr 2016. „Es gibt kaum noch Raum für Manöver“, meinte etwa Sportminis­ter Witali Mutko. Welche Sanktionen könnte das IOC ausspreche­n? Es könnte zu einem Ausschluss des gesamten russischen Olympiatea­ms im Februar kommen. Etwas, was die Experten eher ausschließ­en. Schon für die Sommerspie­le 2016 in Rio konnte sich das IOC bei ähnlicher Sachlage nicht dazu durchringe­n. Nach SNInformat­ionen soll das IOC den Russen einen „Ausschluss light“vorgeschla­gen haben. Das Team darf zwar antreten, aber ohne Hymnen, Fahnen und russische Symbole. Das lehnt Russland entschiede­n ab. Möglich ist auch, dass nur die bisher Gesperrten für die Spiele 2018 (oder lebenslang bei Spielen) ausgeschlo­ssen werden. Welche sportpolit­ischen Folgen gibt es? Sollten die Spiele in Pyeongchan­g aus Sicherheit­sgründen (Nordkorea) abgesagt werden, dann wäre wohl nur Sotschi 2020 in der Lage, für Südkorea einzusprin­gen. Ohne russisches Team undenkbar. Das Sicherheit­snetz für das IOC wäre mit einer Teamsperre zerstört.

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BILD: SN/DPA

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