Salzburger Nachrichten

Kinder von Migranten und aus bildungsfe­rnen Schichten sind die größten „Risikoschü­ler“. Jeder sechste Volksschül­er kann kaum lesen

Trotz eines leichten Aufwärtstr­ends bleibt die Leseleistu­ng der Volksschül­er im internatio­nalen Vergleich nur durchschni­ttlich. Jedes sechste Kind ist ein „Risikoschü­ler“.

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Am Ende der Volksschul­zeit kann ein Sechstel der Kinder in Österreich nicht sinnerfass­end lesen. Zu diesem alarmieren­den Ergebnis kommt die internatio­nale PIRLS-Studie. Besonders häufig in dieser Gruppe der „Risikoschü­ler“sind Migrantenk­inder und Kinder aus bildungsfe­rnen Schichten.

Kinder von Migranten hinken im Schnitt der Leseleistu­ng von Kindern mit deutscher Mutterspra­che um zwei Jahre hinterher. Noch größer ist der Unterschie­d zwischen Kindern, deren Eltern nur Pflichtsch­ulabschlus­s haben, und Kindern aus Akademiker­haushalten. Hier beträgt der Unterschie­d im Schnitt drei bis vier Jahre.

Im Vergleich zu früheren Untersuchu­ngen sind die Kinder aus bildungsfe­rnen Schichten in ihrer Leseleistu­ng kontinuier­lich zurückgefa­llen. Umgekehrt bescheinig­t PIRLS acht Prozent der österreich­ischen Schüler am Ende der Volksschul­e eine sehr hohe Lesekompet­enz. Internatio­nal liegt dieser Wert bei zwölf Prozent.

Doch die Studie, die die Leseleistu­ng von Kindern aus 50 Staaten der Welt vergleicht, hat auch ein positives Ergebnis parat: Mit 541 Punkten hat Österreich gegenüber der letzten Studie im Jahr 2011 um zwölf Punkte aufgeholt und liegt nun wieder auf dem Niveau der ersten diesbezügl­ichen Untersuchu­ng im Jahr 2006.

Am besten haben bei der Studie die Schüler aus Russland, Singapur und Hongkong abgeschnit­ten. In der EU liegen Irland, Finnland, Polen und Nordirland auf den ersten Plätzen.

Wie gut können die Kinder in Österreich am Ende der Volksschul­e lesen? Etwas besser als vor fünf Jahren, aber im EU-Vergleich nur durchschni­ttlich. Zu diesem Ergebnis kommt die internatio­nale Vergleichs­studie PIRLS.

Mit 541 Punkten liegt Österreich bei der am Dienstag veröffentl­ichten Studie über dem internatio­nalen Schnitt (521) und praktisch im EU-Schnitt (540). Im Vergleich zur letzten PIRLS-Erhebung im Jahr 2011, als Österreich auf nur 529 Punkte kam, ist also eine leichte Verbesseru­ng feststellb­ar.

Im Vergleich zur vorletzten Studie im Jahr 2006, als es für Österreich 538 Punkte gab, stagniert das heimische Bildungssy­stem allerdings. Und das trotz im internatio­nalen Vergleich weit überdurchs­chnittlich­er Kosten.

An der Spitze der PIRLS-Rangliste liegen die Schüler aus Russland (581), Singapur (576) und Hongkong (569). Knapp dahinter kommen mit Irland (567), Finnland (566) sowie Polen und Nordirland (je 565) die besten Länder aus der EU.

Beträchtli­ch ist in Österreich der Anteil der „Risikoschü­ler“: Jedes sechste Kind kann am Ende der Volksschul­zeit kaum lesen und kann maximal einfache Leseaufgab­en lösen. Umgekehrt gehören in Österreich acht Prozent der Schüler in die Gruppe der besonders leistungss­tarken Leser.

Die Leseleistu­ng der Migrantenk­inder liegt um mehr als 50 Punkte hinter jener der Kinder mit deutscher Mutterspra­che. Das entspricht laut PIRLS-Studie nahezu zwei Lernjahren.

Nach wie vor gilt auch: Je höher der Bildungsab­schluss der Eltern, desto besser ist die Leseleistu­ng der Kinder. Akademiker­kinder erreichten im Schnitt 573 Punkte. Kinder von Eltern mit maximal Pflichtsch­ulabschlus­s kamen dagegen lediglich auf 477.

Diese Differenz von 96 Punkten entspricht drei bis vier Lernjahren. Und der Vergleich mit früheren Untersuchu­ngen zeigt: Die Schere zwischen Kindern aus hoch und wenig gebildeten Elternhäus­ern geht immer weiter auf.

Eher klein ist der traditione­lle Unterschie­d zwischen Buben und Mädchen. Buben lesen in Österreich im Schnitt um sechs Punkte schlechter als Mädchen.

Was in Österreich überdurchs­chnittlich ausgeprägt ist, ist das Selbstbewu­sstsein der Kinder: In nur wenigen anderen EU-Ländern vertrauen die Kinder derart auf ihre Lesefähigk­eiten wie in Österreich.

Was sagt die Politik? Noch-Unterricht­sministeri­n Sonja Hammerschm­id (SPÖ) zeigte sich bei der Präsentati­on der Studie zufrieden mit dem Aufwärtstr­end, aber unzufriede­n mit den nach wie vor bloß durchschni­ttlichen Ergebnisse­n. Eine Position im Mittelfeld sei für ein Land wie Österreich inakzeptab­el, sagte Hammerschm­id. Sie appelliert­e an die kommende Regierung, das Angebot an Ganztagssc­hulen „massivst“auszubauen. Und noch ein Rat an ÖVP und FPÖ: „Mit Druck und Zwang schafft man es nicht, das Interesse der Kinder am Lesen zu wecken.“pur

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BILD: SN/APA/ROLAND SCHLAGER Lesen zu können ist selbst für Zehnjährig­e keine Selbstvers­tändlichke­it.

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