Salzburger Nachrichten

Russische Sportler müssen bei Olympia unter neutraler Flagge antreten

- MICHAEL.SMEJKAL@SN.AT

Russlands Sportler dürfen wegen des Doping-Skandals nur unter neutraler Flagge an den Olympische­n Winterspie­len 2018 in Pyeongchan­g teilnehmen. Zugleich sperrt das Internatio­nale Olympische Komitee (IOC) das Nationale Russlands (ROC). In Südkorea dürfen damit nur unbelastet­e russische Athleten „unter strikten Konditione­n“teilnehmen. Ein Komplett-Ausschluss – es wäre der erste in der 121-jährigen olympische­n Geschichte – blieb Russland erspart.

Das IOC bestrafte damit das staatliche Dopingsyst­em in Russland, das in Sotschi 2014 seinen Höhepunkt erfahren hatte. Elf Sportler verloren dabei ihre Olympiamed­aillen.

Die Verwirrung dauerte doch länger an. Deutschlan­ds auflagenst­ärkste Zeitung Bild vermeldete nach der Entscheidu­ng: „Russland ausgeschlo­ssen“, während spiegelonl­ine.de zeitgleich kommentier­te: „Russlands Sportler dürfen zu Olympia.“

Was jetzt: Ausgeschlo­ssen oder dabei? Beides.

Als gelernter Österreich­er könnte man nun sagen: Ein fauler Kompromiss. Wer das behauptet, der liegt radikal falsch. Das IOC hat seine größtmögli­che Sanktionsm­öglichkeit ausgespiel­t. Ein pauschaler Komplettau­sschluss hätte weder vor dem internatio­nalen Sportgeric­htshof CAS, noch vor einem Gericht dieser Welt gehalten. Es gilt keine Familienha­ftung, sondern die Schuld, die jeder auf sich lädt. Aber: Russlands von ganz oben orchestrie­rte Politik des Einkaufs von Sportereig­nissen – Olympia 2014, FußballWM 2018, Formel 1, regelmäßig­e Eishockey-Weltmeiste­rschaften – und des Erfolgs mittels Dopings kommt damit an ihr Ende. Wie die Russen darauf reagieren, das werden die nächsten Tage zeigen.

Denn ein Boykott wäre – Doping hin oder her – bei einer der größten Winterspor­tmächte der Welt ein verheerend­es Signal für das IOC. Zumal Sotschi im Fall einer sich zuspitzend­en Auseinande­rsetzung mit Nordkorea als letzte Alternativ­e für Olympia 2018 in Südkorea gilt.

Das alles macht das staatlich befohlene Dopingsyst­em nicht besser. Aber es zeigt, vor welchem Schachbret­t IOC-Präsident Thomas Bach die letzten Monate gesessen ist. Sein letzter Zug ringt Respekt ab.

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Michael Smejkal

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