Das Ende der Stigmatisierung
Die Ehe muss allen offenstehen, sagt der Verfassungsgerichtshof. Diese Entscheidung war längst fällig.
Der Verfassungs gerichtshof hat als oden Weg zur Homoehe geebnet. Womit er nicht nur dem Gleichheitsgrundsatz und demDis krimi nie rungs verbot zum Durchbruch verhilft, sondern auch einen typisch österreichischen Gesetzespfusch repariert. Denn der Gesetzgeber hatte die beiden Rechtsinstitute der „Ehe“(für Heteros) und der „eingetragenen Partnerschaft“(für Homos) im Lauf der Jahre so sehr aneinander angeglichen, dass mit freiem Auge kein inhaltlicher Unterschied mehr erkennbar war. Am augenfälligsten war der Umstand, dass die eingetragene Partnerschaft vulgo Homoehe zwar an jedem beliebigen Ort, bloß nicht am Standesamt geschlossen werden durfte; dass sie, ätsch, nicht „Ehe“heißen durfte; und dass jene, die sie eingegangen waren, sich bei jeder Personen s tands feststellung als schwul outen mussten( weil sie das den Schwulen vorbehaltene Kästchen„ eingetragene Partnerschaft“an zu kreuzen hatten ). Einziger Zweck dieser Gesetzes praxis war es, gleichgeschlechtlich Liebende zu demütigen und zustigmati sie ren. Dieser Unfug, auf dem dieb eiden künftigen Regierungs parteien bis heute beharrten, wird nun abgestellt.
Jenseits längst überkommener sexual moralischer Aspekte, die keinen Gesetzgeber zu interessieren haben, gibt es keinen Grund, der gegen die Öffnung der Ehe für alle spricht. Aber etliche Gründe, die dafür sprechen. Das oft gehörte Argument, dass die Ehe jenen vorbehalten sein solle, die Kinder in die Welt setzen können, zieht nicht. Nach dieser Logik müsste man auch betagten Heteros, die sich spät entschlossen auf den Weg zum Standesamt machen, diesen Weg versperren. Überdies dürfen auch schwule Paare längst Kinder adoptieren, was dem Bild einer zwei Generationen umfassenden Familie entspricht und erst recht keine Diskriminierung rechtfertigt.
In Sonntagsreden gehört es zum guten Ton, die angeblich zunehmende Kälte und den angeblich zunehmenden Egoismus in unserer Gesellschaft zu bejammern. Schwule, die in den Stand der Ehe treten wollen, sind der Gegenentwurf zu dieser These. Sie tun exakt das, was der Gesellschaft dient und was unser Staat braucht. Sie bilden eine Solidargemeinschaft. Sie übernehmen Verantwortung füreinander. Sie stehen einander in Zeiten der Krankheit und im Alter bei. Sie übernehmen Aufgaben der Menschlichkeit, die in einer Gesellschaft der zunehmenden Vereinzelung der Staat übernehmen müsste. Allein schon aus diesem Grund ist die Entscheidung der Verfassungsrichter zu begrüßen.