Wenn der Schutz der Umwelt zur Menschenhatz verführt
Die Debatte um Glyphosat verläuft nach einem alten Muster. Und das ist kein Ruhmesblatt für die Umweltschützer.
Der deutsche Landwirtschaftsminister Christian Schmidt hat vor Kurzem den Weg freigemacht dafür, dass die Nutzung des Unkrautvernichtungsmittels Glyphosat von der EU für weitere fünf Jahre erlaubt wird. Das tut ihm nicht gut. Persönlich nicht und beruflich nicht. Drei Viertel der Deutschen forderten in einer Umfrage seinen Rücktritt – das wird er aushalten, zumal die jetzige Regierung in Berlin ja nur noch geschäftsführend tätig ist. Absolut unerträglich ist freilich, dass der Mann in allen (un)sozialen Netzwerken nicht nur beschimpft, sondern auch bedroht wurde, auch seine Familie ist mit bösen Wünschen bis hin zu Morddrohungen eingedeckt worden.
Dass ausgerechnet Menschen, die sich dem Schutz von Natur und Umwelt verschrieben haben, die sich um das Leben der Bienen, Schmetterlinge und anderer Insekten sorgen, einem Menschen die Pest, den Krebs oder gleich den Tod an den Hals wünschen, entwertet das Engagement dieser Leute für die Schöpfung doch sehr.
Ein Blick auf die Debatten der vergangenen Monate rund um dieses Spritzmittel verdeutlicht, dass die Kampagnen gegen derartiges „Teufelszeug“immer wieder in denselben Bahnen fahren. Vor ein paar Jahren war es die Handy-Strahlung, die allüberall verteufelt wurde. Die Desinfektion von geschlachteten Hühnern durch eine schwache Chlorlösung in den USA führte zum Schlagwort vom „Chlorhühnchen“, wiewohl wir unsere Kinder in nahezu jedem Schwimmbad in weit stärkeren „Chlorlösungen“baden lassen.
Die Glyphosat-Debatte kennt noch eine Besonderheit. Jede Studie, die Glyphosat bestätigt, dass es unbedenklich für die Konsumenten sei, wird von Umweltorganisationen als vom Glyphosat-Hersteller Monsanto bezahlte pseudowissenschaftliche Arbeit diffamiert. Zugleich ignorieren dieselben Organisationen die Tatsache, dass an der Studie der Krebsagentur der WHO (IARC) ein Forscher beteiligt war, der im Sold von US-Anwaltskanzleien steht, die wegen Glyphosat gegen Monsanto prozessieren. Da sieht niemand den Interessenkonflikt.
Die IARC schließlich stuft nicht nur Glyphosat als „wahrscheinlich krebserregend“ein, sondern nennt unter anderem eine Substanz, die definitiv Krebs verursacht: Alkohol. Es ist nicht bekannt, dass irgendeine der Umweltschutzorganisationen sich mit den Bierbrauern oder den Weinbauern angelegt hätte.
Wer also gegen Glyphosat oder irgendeine andere Chemikalie zu Felde zieht, möge doch bitte gleich sagen, dass es darum geht, die klassische Landwirtschaft flächendeckend durch Bioanbau zu ersetzen. Das wäre wenigstens ehrlich.