Vergessene Klimasünder: Kerosin-Lampen und biogenes Heizmaterial
Der Zugang zu Elektrizität und sauberer Heizenergie wäre nicht nur die beste Entwicklungshilfe, sondern täte auch dem Klima gut.
Wie in der Vorwoche dargelegt, ist die hohe Luftverschmutzung in der Schifffahrt auf die Verwendung von „Heizöl schwer“zurückzuführen – das wäre mit strengeren Vorschriften zu regulieren. Im Fall anderer Klimasünder – Kerosin-Lampen und biogenes Heizmaterial – ist das viel schwieriger, da deren Verwendung ein Zeichen von Unterentwicklung und Armut ist. Unglaublich, aber nach wie vor verwenden 1,2 Milliarden Menschen Kerosin-Lampen zur Beleuchtung, für 1,7 Milliarden ist Biomasse (Stroh, Dünger, Holz) die Energiequelle zum Kochen und gegebenenfalls auch zum Heizen.
Das hat natürlich seine Auswirkungen auf die Luftverschmutzung. So sind die Haushalte die Verursacher für mehr als 50 Prozent, das sind 19,3 Millionen Tonnen (MT) der weltweiten Feinstaubemissionen, wobei davon mehr als 90 Prozent wiederum auf die Verwendung von Biomasse zurückzuführen sind. Regional sind 80 Prozent dieser Emissionen Asien und Afrika zuzuordnen. Aber nicht nur der „Hausbrand“, sondern auch fehlende Elektrizität für Beleuchtung verursacht eine enorme Luftverschmutzung. So werden acht Prozent des in Lampen verbrannten Kerosins zu Ruß umgewandelt. Und Ruß ist nicht nur extrem gesundheitsschädigend, sondern auch ein gefährlicher Verursacher der Erderwärmung. Man schätzt, dass durch Verbrennung von Kerosin in Lampen weltweit 270.000 Tonnen Ruß jährlich entstehen, was einem Äquivalent von 240 Millionen Tonnen CO2-Emissionen entspricht. Um sich das vorzustellen: 240 Millionen Tonnen CO2 entsprechen einem Drittel des von Deutschland, immerhin der fünftgrößten Wirtschaftsnation, pro Jahr emittierten CO2.
Wie stark die Gesundheitsgefährdung in Entwicklungsländern durch Feinstaubemissionen ist, belegt eine Übersicht der UN-Weltgesundheitsorganisation (WHO). Das Limit, das sie festgelegt hat, liegt bei 10 Millionstel Gramm (μg) pro Kubikmeter. Aber der mittlere Wert beträgt in China 54 μg/m3, in Indien 62 μg, in Bangladesch 84 μg, in Ägypten 93 μg. Die WHO schätzt, dass in der Subsahara, wo vier Fünftel der Bevölkerung mit Biomasse kochen und Kerosin-Lampen zur Beleuchtung verwenden, jährlich rund 500.000 Menschen an den Folgen der Luftverschmutzung frühzeitig sterben. Ein Fünftel der weltweiten Feinstaubemissionen entfällt mit 8,5 Millionen Tonnen allein auf Afrika, in keiner Region der Welt emittieren Haushalte mehr. Auch deshalb, weil keine Region der Welt so wenig elektrifiziert und so arm ist wie Afrika. Ermöglichte man weltweit den Zugang zu Elektrizität oder „sauberer“Haushaltsenergie, ließen sich Erderwärmung und Luftverschmutzung erheblich eindämmen.
Eine Elektrifizierung Afrikas ist das Um und Auf einer effizienten Entwicklungshilfe. Das wäre ein wesentlicher Beitrag im Kampf gegen Armut und zum Erreichen der Weltklimaziele. Die Investitionskosten dafür werden auf 6000 Mrd. US-Dollar geschätzt, macht über 20 Jahre gerechnet 300 Mrd. im Jahr. Klingt noch immer viel. Aber andere Maßnahmen zur Vermeidung der Erderwärmung kosten bei Weitem mehr.