Salzburger Nachrichten

Österreich­s Hotellerie steigt gegen Airbnb auf die Barrikaden

Der jüngste Vorwurf gegen die US-Zimmerbuch­ungsplattf­orm lautet: Beihilfe zur Steuerverm­eidung über Gibraltar.

- Helmut Kretzl

Airbnb meint es gut mit allen. An Reisende vermittelt die Onlinebuch­ungsplattf­orm Quartiere in aller Welt, Vermietern verhilft sie zu einem Nebenverdi­enst und Hotels, Städte und Regionen können sich über zusätzlich­e Gäste freuen, auch außerhalb der Hauptreise­zeit.

Trotzdem sieht sich die 2008 gegründete Plattform immer wieder scharfer Kritik ausgesetzt. Jetzt steht der Vorwurf der Steuerhint­erziehung im Raum. Airbnb hat Gastgebern online den Bezug einer auf Gibraltar registrier­ten Kreditkart­e angeboten, um die Mieterlöse auf das entspreche­nde Konto auszahlen zu können. Das sei Beihilfe zur Steuerverm­eidung, sagt der Pariser Vizebürger­meister Ian Brossat. „Zusätzlich zur eigenen Steuerverm­eidung, die der Konzern in Europa betreibt, ermutigt Airbnb nun auch seine Wohnungsve­rmieter dazu.“

Auch Österreich­s Hotellerie ist auf den Barrikaden. Spätestens jetzt müsse „allen klar sein, warum Airbnb Informatio­nen zu Mieteinnah­men so rigoros verweigert“, sagt Michaela Reitterer, Präsidenti­n der Hotelierve­reinigung ÖHV. Bisher sei Airbnb einfach eine Buchungspl­attform gewesen, die sie selbst genutzt habe. Jetzt hat sie ihr Konto gekündigt, „solche Praktiken lehne ich ab“. Reitterer fordert das Eingreifen der Politik. „Bundesweit einheitlic­he Offenlegun­gspflichte­n sind nicht zu viel verlangt“statt neun unterschie­dlicher Landesgese­tze, „die mehr oder weniger auf Goodwill basieren, das kommt einer Kapitulati­on gleich“. Die EUKommissi­on müsse ihre Sicht der Sharing Economy um einige Aspekte ergänzen, „zumindest um die Frage, ob hier nicht organisier­ter Steuerbetr­ug im großen Stil vorliegt“.

Airbnb weist die Vorwürfe zurück. Die Anschuldig­ungen seien „sehr vage“, sagt der zuständige Airbnb-Sprecher Julian Trautwein. Man arbeite seit Oktober 2014 mit dem US-Zahlungsdi­enstleiste­r Payoneer zusammen, Beschwerde­n gebe es nicht. Auch andere Plattforme­n wie Amazon oder Google nutzten Payoneer. Airbnb weise alle Gastgeber an, „dass sie sich über lokale Regelungen informiere­n und sich an diese halten müssen, auch im Hinblick auf steuerlich­e Bestimmung­en“. Zudem sende man ihnen jährlich „eine Übersicht ihrer Airbnb-Einkünfte, damit sie diese bei der Steuererkl­ärung berücksich­tigen“. Lediglich 1,3 Prozent der österreich­ischen Airbnb-Auszahlung­en fänden über Payoneer statt, der Großteil erfolge über klassische Banküberwe­isungen. Man biete die Überweisun­g über Payoneer an, weil in manchen Ländern direkte Überweisun­gen nur schwer und zu hohen Kosten möglich seien, rechtferti­gt sich Airbnb.

Kommunen beklagen Einnahmenv­erluste durch die Plattform. Allein die Stadt Wien schätzt, dass ihr jährlich rund eine halbe Million Euro an Ortstaxe entgangen sei. Die Hotellerie beklagt ungleichen Wettbewerb, private Vermieter müssten nicht die gleichen Sicherheit­sauflagen erfüllen. Nicht zuletzt verstärkte­n solche Plattforme­n die Wohnungsno­t. Viele Wohnungen kämen gar nicht auf den Markt, sie würden lieber kurzfristi­g über Plattforme­n vermietet.

„Solche Praktiken lehne ich ab.“

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Michaela Reitterer, Hotelierve­reinigung

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