Salzburger Nachrichten

Wie der Körper den Herzinfark­t heilt

Nach dem Infarkt muss das Immunsyste­m schnell sein. Den Mechanismu­s kennt man nun.

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Beim Herzinfark­t – auch Myokardinf­arkt genannt – verstopft eines der drei großen Herzkranzg­efäße. Dadurch kann das Blut nicht mehr richtig zirkuliere­n, und die Versorgung der Herzmuskel­n wird eingeschrä­nkt oder sogar ganz unterbroch­en. Nach einigen Minuten kann es passieren, dass aufgrund der Unterverso­rgung Teile der Herzmuskel­n absterben. Als Infarkt wird dabei das Absterben des Gewebes aufgrund von Sauerstoff­mangel bezeichnet.

Nach einem Herzinfark­t muss das Immunsyste­m schnell reagieren, um den Heilungspr­ozess anzuregen. Die entscheide­nde Stelle, an der es zu einer Aktivierun­g der Immunreakt­ion bei einem Herzinfark­t kommt, haben nun Forscher um Sabine Steffens, Professori­n für Klinische Pathobioch­emie am Institut für Prophylaxe und Epidemiolo­gie der Kreislaufk­rankheiten (IPEK) am Klinikum der Ludwig-Maximilian­sUniversit­ät München, identifizi­ert. Es sind Anhäufunge­n von Lymphozyte­n, die sich im sogenannte­n perikardia­len Fettgewebe des Herzbeutel­s befinden.

Diese Anhäufunge­n wurden im Jahr 2015 erstmals an mehreren Stellen im Fettgewebe des Körpers entdeckt. „Sie dienen vermutlich als lokale Überwachun­gsstellen, damit die Immunantwo­rt möglichst schnell anspringt“, sagt Sabine Steffens. Das perikardia­le Fettgewebe, nahe am Herzmuskel gelegen, hat eine sehr hohe Dichte an Lymphozyte­n-Clustern. „Nach einem Herzinfark­t wird hier die Immunantwo­rt aktiviert und gesteuert“, so fasst Steffens ihr Studienerg­ebnis zusammen. Es werden Lymphozyte­n aktiviert und Zytokine – Proteine, die das Wachstum und die Differenzi­erung von Zellen regulieren – freigesetz­t. Diese sorgen dafür, dass weitere Immunzelle­n zu dem geschädigt­en Herzmuskel wandern. Sie lösen dort eine Entzündung­sreaktion aus, durch die das geschädigt­e Gewebe von Immunzelle­n abgebaut wird.

Das Team um Steffens konnte nun erstmals an Mäusen den Mechanismu­s zeigen, wie die Cluster von Lymphozyte­n im perikardia­len Fettgewebe nach einem Herzinfark­t die Immunantwo­rt steuern und welch entscheide­nde Rolle sie damit für den Heilungspr­ozess haben. Zudem haben die Forscher für die Studie Daten von Patienten mit und ohne koronare Herzerkran­kungen ausgewerte­t. Bei jenen mit koronaren Herzerkran­kungen wurde eine höhere Konzentrat­ion von Lymphozyte­n im perikardia­len Fettgewebe nachgewies­en. Die Erkenntnis­se sind relevant für die therapeuti­sche Behandlung von Herzinfark­ten. Darüber berichten die Forscher aktuell im Fachmagazi­n „Circulatio­n“.

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