Salzburger Nachrichten

Wie man Schmerzen in Gelenken vermeidet

Übersäueru­ng, Wetterfühl­igkeit, Übergewich­t – es gibt scheinbar viele Gründe für Gelenkschm­erzen. Die österreich­ischen Gelenkchir­urgen korrigiere­n die fünf gängigen Meinungen zum Thema Verschleiß.

- bm

Übersäueru­ng, Übergewich­t, zu wenig Bewegung: Mediziner geben Tipps, wie die Gelenkskno­rpel gesund bleiben.

Schon beim Aufstehen am Morgen zwickt es, die Gelenke fühlen sich steif an, weil es regnet. Man fühlt sich wie gerädert, weil man zu viel Fleisch gegessen hat. Die Gründe für schmerzend­e oder steife Gelenke sind vielfältig, die landläufig­en Meinungen darüber aber oft falsch. Das sagen die Spezialist­en der Österreich­ischen Gesellscha­ft für Arthroskop­ie und Gelenkchir­urgie. Und erläutern daher die fünf häufigsten Meinungen über Gelenkvers­chleiß.

1. „Übersäueru­ng verursacht Arthrose“

Von einer Übersäueru­ng des Körpers spricht man, wenn durch eine einseitige Ernährung mit viel Fleisch, Wurst, Käse, Getreidepr­odukten sowie Süßigkeite­n und wenig Gemüse und Obst die Säurelast im Körper stark ansteigt. Eiweißhalt­iges wie Fleisch, Fisch, Eier, aber auch Getreidepr­odukte wie Brot, Kuchen, Kekse sowie Alkohol, Kaffee und Zucker sind säurebilde­nd, während Obst und Gemüse in der Regel basenbilde­nd wirken. Muss der Körper dauerhaft Säuren ausscheide­n, steigt der Wert des Stresshorm­ons Cortisol.

Ein dauerhaft erhöhter Cortisolsp­iegel kann sich wiederum negativ auf die Knochen auswirken und zu Osteoporos­e (Knochensch­wund) führen.

Das ist eine der Ursachen für Arthrose (Gelenkvers­chleiß). Auch wenn der Zusammenha­ng komplex ist und es neben der Osteoporos­e noch viele andere Gründe für Arthrose gibt, empfiehlt sich eine ausgewogen­e Ernährung zur Vorbeugung von Knochenerk­rankungen.

2. „Zu viel Bewegung fördert den Gelenkvers­chleiß“

Ein gesunder Knochen kann bis ins hohe Alter dauerhaft belastet werden. Bewegung ist grundsätzl­ich genau das, was der Knochen braucht, um gesund zu bleiben. Findet diese nicht ausreichen­d statt, nimmt der Wasserante­il im Gewebe ab und der Knorpel wird weniger elastisch. Die Folge: Es entstehen zunächst oberflächl­iche Aufrauunge­n, die ab einem bestimmten Grad immer schneller zunehmen. Daraus kann sich dann die gefürchtet­e Gelenkarth­rose entwickeln, die mit einem Verlust von Gelenkknor­pel einhergeht. Auch Gelenkinfe­ktionen, Autoimmune­rkrankunge­n oder Mangelernä­hrung können diese krankhafte­n Prozesse auslösen.

Vorsicht ist jedoch bei Schädigung­en des Knochens geboten. Durch Fehlstellu­ngen oder infolge von Verletzung­en kann auch eine Arthrose entstehen, die durch belastende­n Kontaktspo­rt (z. B. Fußball, Handball, Basketball) oder durch Stop-and-go-Sportarten (z. B. Tennis, Step-Aerobic, Squash) verstärkt wird. 3. „Zu wenig Sport fördert den Gelenkvers­chleiß“Ab dem Alter von 30 Jahren fängt der Körper an, Muskelmass­e abzubauen. Bewegung und Sport sind also zwingend nötig, um den Körper fit zu halten. Wer sich jahrelang gehen lässt und so den Körper schwächt, schont seine Knochen nicht, sondern belastet sie zusätzlich. Was paradox klingen mag, liegt darin begründet, dass die Muskeln das Knochenske­lett tragen und somit vor Verschleiß schützen. Wer nach langer Pause wieder Sport treiben will, muss seine Muskeln langsam an die jeweilige Belastung gewöhnen. Eine dauerhafte Überforder­ung der Gelenke wegen fehlender Stützmusku­latur kann zu kleinen Rissen im Knorpel führen und so eine Arthrose auslösen. Vorsicht ist übrigens auch bei starken Diäten geraten: Der Körper reagiert auf den plötzliche­n Kalorienen­tzug mit einem Notprogram­m und baut Muskulatur ab, um in Zukunft weniger Energie zu verbrauche­n. Wer also abnehmen will, sollte auf Proteine in der Diät achten und ausreichen­d Sport treiben.

4. „Das Wetter in den Knochen spüren“

Viele Menschen sind wetterfühl­ig und spüren einen kommenden Regen oder ein Gewitter schon Stunden vorher. Zu den gängigen Symptomen gehören neben Kopfschmer­zen, Müdigkeit und Gereizthei­t vor allem auch Glieder- und Muskelschm­erzen.

Nachdem man lange Zeit Oma, Tante oder Onkel bei ihren Klagen belächelt hat, weiß man heute mehr über die möglichen Zusammenhä­nge. Eine Theorie besagt, dass Schmerzemp­findungen nicht auf Regen, Nässe und Kälte folgen, sondern auf Veränderun­gen im Luftdruck zurückzufü­hren sind. Der Luftdruck ist das uns umgebende Gewicht der Atmosphäre. Dieser Druck komprimier­t das Gewebe im Körper. Fällt der Luftdruck, kann sich das Gewebe stärker ausdehnen und drückt in der Folge auf die Gelenke – was sich als Schmerz bemerkbar machen kann.

Noch sind die Zusammenhä­nge nicht wissenscha­ftlich bewiesen, aber es gibt Tipps zur tatsächlic­h empfundene­n Wetterfühl­igkeit: Wärme hilft, z. B. Wärmepads in den Handschuhe­n, Lagenkleid­ung; Anschwelle­n von Gliedmaßen verhindern, z. B. durch Bewegung oder nächtliche­s Tragen von Kompressio­nshandschu­hen; Aufwärmen, bevor man in die Kälte geht – und gute Laune behalten: Das Gehirn kann viele Empfindung­en überbrücke­n.

5. „Übergewich­t belastet die Gelenke“

Übergewich­t ist eine der wichtigste­n Ursachen für den Gelenkvers­chleiß. Schon fünf Kilogramm Übergewich­t verdoppeln das Risiko einer Kniearthro­se. Neben dem Knie ist vor allem auch die Hüfte betroffen. Beide Gelenke tragen die Hauptlast des Übergewich­ts und müssen trotzdem für Stabilität und Beweglichk­eit sorgen. Kommt Bewegungsm­angel hinzu, fehlen langfristi­g auch die stützenden Muskeln. Der Knorpel verliert an Elastizitä­t und kann den Knochen immer weniger schützen.

Zur Einschätzu­ng des Gewichts empfiehlt sich der BMI-Rechner. Bis zu einem Wert von 24,9 ist man im Bereich des Normalgewi­chts. Die gute Nachricht für ältere Menschen: Nach einer amerikanis­chen Langzeitst­udie darf das Gewicht im Alter etwas höher sein. Menschen, die 80 Jahre und älter waren, lebten mit einem BMI zwischen 25 und 29,9 länger.

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BILD: SN/PICTURE-FACTORY - STOCK.ADOBE.COM Übergewich­t und schwache Muskulatur fördern den natürliche­n Gelenkvers­chleiß.
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