SPÖ: Eine Partei sucht ihre Zukunft
Die Sozialdemokratie stellt sich auf ihre Rolle als Opposition ein. Das bekommen auch die Beschäftigten in den Ministerbüros zu spüren. Sie verlieren ihre Jobs.
Die Regierungsverhandlungen von ÖVP und FPÖ gehen ihrem Ende entgegen. Die SPÖ bereitet sich inzwischen auf ihre neue Rolle in der Opposition vor. Dies ist nicht nur eine inhaltliche Herausforderung, sondern auch eine personelle. Mehr als hundert Personen, die bisher in den Regierungsbüros der SPÖ-Ministerien gearbeitet haben, verlieren den Arbeitsplatz. Betroffen sind das Bundeskanzleramt, das Infrastrukturministerium, das Verteidigungsministerium, das Kulturministerium, das Gesundheitsministerium und das Staatssekretariat für Diversität, Öffentlichen Dienst und Digitalisierung. „Die Dienstverträge enden mit dem Ende der Regierungstätigkeit“, sagt der Pressesprecher von Bundeskanzler Christian Kern, Jürgen Schwarz.
Für diejenigen, die vorher im Beamtenstab des Ministeriums oder etwa in der Arbeiterkammer beschäftigt waren, ist das kein Problem. Sie haben das Recht, an ihre alten Arbeitsplätze zurückzukehren. Für die anderen sieht die Sache nicht so rosig aus. Sie müssen sich einen neuen Job suchen. Für diese Mitarbeiter sieht das Gesetz eine Entgeltfortzahlung vor. „Wer mehr als zehn Jahre in einen Kabinett gearbeitet hat, für den wird das Gehalt vier Monate weiterbezahlt“, sagt Schwarz. Die Regelung gleicht der Kündigungsfrist in der Privatwirtschaft.
Neben diesem personellen Aderlass muss sich die SPÖ auf ihre neue Rolle im Parlament einstellen. Der geschäftsführende Klubobmann Andreas Schieder (SPÖ) kündigt an, dass die Sozialdemokratie als „harte Oppositionspartei“auftreten werde. Gleichzeitig werde sie auch „neue Konzepte“präsentieren. Bereits heute, Mittwoch, bei der Sitzung des Nationalrats, wird es einen ersten Vorgeschmack auf die oppositionelle SPÖ geben. In einem Antrag an die Regierung werden die Sozialdemokraten die unbefristete Verlängerung der Beschäftigungsaktion 20.000 verlangen. Diese Aktion soll Langzeitarbeitslosen helfen, einen Job zu finden. Das Projekt war erst wenige Monate vor der Nationalratswahl auf Drängen der SPÖ beschlossen worden. ÖVP und FPÖ wollen diese Aktion nun wieder abschaffen bzw. ihren Umfang reduzieren. „Themen, bei denen sich die SPÖ im Nationalrat als Opposition profilieren will, gibt es also genug“, sagt Schieder. Als Beispiel nennt er die von ÖVP und FPÖ geplante Ausweitung der täglichen Höchstarbeitszeit auf zwölf Stunden und die Wiedereinführung der Schulnoten in der Volksschule. Auch von der Lockerung des generellen Rauchverbots in der Gastronomie will Schieder nichts wissen. „Da geht es um den Schutz der Arbeitnehmer“, sagt er.
Gleichzeitig will die SPÖ aber auch neue Konzepte etwa zum Thema „Finanzierung des Sozialstaates“vorlegen. Schieder ist außerdem überzeugt, dass die bisherigen Regierungsmitglieder der SPÖ als Bereichssprecher im Parlament mit ihrer Bekanntheit und ihrem Wissen ein starker Widerpart zur Regierung sein werden. „Von Christian Kern bis zu Pamela Rendi-Wagner werden es alle der Regierung schwermachen“, sagt Schieder.
Die SPÖ muss sich aber nicht nur im Parlament, sondern auch in der Partei neu aufstellen. Die Gräben in der Sozialdemokratie sind nach wie vor tief. Noch immer ist nicht ausdiskutiert, ob eher die „linken“oder „rechten“Sozialdemokraten den Kurs der Partei bestimmen werden. Der nächste Showdown ist die Wahl zum Vorsitzenden der Wiener SPÖ. Bisher haben sich Klubobmann Andreas Schieder als Vertreter des linken Flügels und Stadtrat Michael Ludwig als Vertreter des rechten Flügels für die Nachfolge Michael Häupls beworben. SPÖ-Vorsitzender Christian Kern weiß, dass die SPÖ nur dann wieder Aussicht auf Erfolg hat, wenn sie diesen Graben wieder zuschütten kann. Die SPÖ hat bei der vergangenen Nationalratswahl in den Städten, vor allem von den Grünen, Stimmen gewonnen, im ländlichen Raum hingegen verloren. Ein Ziel müsse es sein, dieses Potenzial in den Städten zu halten und gleichzeitig traditionelle SPÖ-Wähler zurückzugewinnen, sagt Kern. Die SPÖ habe das Ziel, bei der kommenden Nationalratswahl wieder Nummer eins zu werden.
Mit welchen Inhalten das die SPÖ erreichen will, wird im neuen Parteiprogramm stehen, an dem die Genossinnen und Genossen derzeit arbeiten. Ein Entwurf soll bis zum nächsten Parteitag im Oktober 2018 vorliegen.
Nach dem Vorbild Bruno Kreiskys, der es in den 1970er-Jahren schaffte, mit der SPÖ drei Mal die absolute Mehrheit bei Nationalratswahlen zu erringen, sollen Experten aus allen Bereichen an dem Papier mitarbeiten. Das Parteiprogramm soll vor allem Antworten auf die großen Umbrüche in der Gesellschaft geben: Digitalisierung, Globalisierung, Klimawandel.
„Themen für die Opposition gibt es genug.“
Andreas Schieder, Klubvorsitzender SPÖ