Man muss ja nicht alles erlauben, was möglich ist
Österreich bleibt rauchend in der Vergangenheit verhaftet, Frankreich versucht einen Schritt in eine vernünftige Zukunft.
Regeln gestalten unser Zusammenleben so, dass es einigermaßen erträglich ist. Da der Mensch meist nicht erkennt, dass seine persönliche Freiheit dort an ihre Grenze stößt, wo die persönliche Freiheit und Gesundheit seines Nächsten anfängt, braucht es Gesetze und Vorschriften, um das Chaos abzuwenden, das sich oft aus egoistischem Verhalten ergäbe. Deshalb verbietet der Gesetzgeber zum Beispiel Verhaltensweisen, die die Gesundheit anderer schädigen könnten.
In ganz Europa ist deshalb das Rauchen in Restaurants und anderen Gaststätten verboten. Ganz Europa? Nein, ein kleines Land widersetzt sich den Vorschriften zum Schutz der Nichtraucher und wird es gestatten, dass auch weiterhin in abgegrenzten Räumen in der Gastronomie der Qualm jeden Genuss überdeckt. Bemerkenswert, dass der Chef jener Partei, die das totale Rauchverbot in Wirtshäusern in den Koalitionsverhandlungen verhindert hat, selbst Raucher ist. Muss schon schön sein, wenn man die eigenen Bedürfnisse über die aller anderen stellen kann, gell, Herr Strache?!
In Frankreich nimmt unterdessen der Präsident ein großes Risiko in Kauf, um Gesundheit und Geist von Schulkindern vor Schaden zu bewahren. Er will ab kommendem Herbst Schulkindern in der Schule ihre Smartphones abnehmen. Das klingt zunächst wie ein Anfall von Regelungswut, wie eine diktatorische Maßnahme, die die armen Kinder ihres liebsten Spielzeugs berauben möchte.
Tatsächlich stellt sich das Smartphone als ein Danaergeschenk heraus. Die Kinder reden in den Unterrichtspausen nicht mehr miteinander, sie spielen nicht, sie laufen nicht, ja sie streiten nicht einmal mehr – es sei denn darum, wer das coolste Smartphone hat.
Eine Studie der London School of Economics fand heraus, dass sich die schulischen Leistungen von 16-Jährigen signifikant verbes- serten, wenn man ihnen das Smartphone wegnahm. In den USA machten 18-Jährige ohne Smartphone im Unterricht mehr Notizen, erinnerten sich an mehr Inhalte und schnitten bei Tests besser ab als ihre Kolleginnen und Kollegen, die sich noch immer am Smartphone festhielten.
Eltern werden protestieren, weil sie das Smartphone des Kindes „brauchen“, damit der Sprössling ständig mit Mutter und Vater in Verbindung bleiben kann, so als wäre die Schule ein Ort weit draußen im Weltall. Hier könnte auch die Chance liegen, den lieben Kleinen den Verzicht auf ihr Spielzeug schmackhaft zu machen. Ohne Smartphone lernen sie besser, sie bewegen sich mehr und kommunizieren in der echten Welt statt im Netz. Und sie könnten wenigstens vorübergehend der permanenten Kontrolle der Helikoptereltern entrinnen.