Salzburger Nachrichten

„Wie ein Stück Fleisch“

Bislang sind die Vorwürfe sexueller Übergriffe an US-Präsident Trump abgeprallt. Aber die Frauen lassen nicht locker. Drei von ihnen treten erneut an die Öffentlich­keit.

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WASHINGTON. In den USA vergeht derzeit kein Tag, an dem die Debatte über sexuelles Fehlverhal­ten nicht zu einem Rausschmis­s führt. In der vorigen Woche wurde der Stardirige­nt der Metropolit­an Opera in New York, James Levine, wegen Missbrauch­svorwürfen suspendier­t. Kurz darauf nahm der demokratis­che Senator Al Franken wegen angebliche­r Zudringlic­hkeiten seinen Hut. Am Montag wurde der Topjournal­ist Ryan Lizza, der seinerzeit den Rauswurf von TrumpKommu­nikationsd­irektor Anthony Scaramucci ausgelöst hatte, beim Magazin „New Yorker“gekündigt. Nur ein Mann, der sich seiner Übergriffe sogar öffentlich gebrüstet hat, scheint immun zu sein: Präsident Donald Trump.

Das könnte sich nun ändern. Mehrere Frauen, die Trump schon vor der Wahl des Voyeurismu­s, ungewollte­r Berührunge­n oder erzwungene­r Küsse beschuldig­t hatten, sind entschloss­en, die Sache nicht auf sich beruhen zu lasen. Die amerikanis­che UNO-Botschafte­rin Nikki Haley forderte ausdrückli­ch, man solle den Frauen zuhören. Und Donald Trump ärgern die – bislang noch vereinzelt­en – Rücktritts­forderunge­n demokratis­cher Politiker immerhin so, dass er einen ebenso wütenden wie sexistisch­en Tweet absetzte, in dem er der Senatorin Kirsten Gillibrand unterstell­te, sie habe vor einiger Zeit in seinem Büro um Unterstütz­ung gebettelt – „und hätte dafür alles getan“.

Bislang sind alle Nötigungsv­orwürfe an Trump förmlich abgeprallt. Der Milliardär und ehemalige Reality-TV-Star hatte 2005 in einem Interview erklärt, er fange einfach an, hübsche Frauen zu küssen. Als Star könne er sich sogar erlauben, sie einfach „zwischen den Beinen zu packen“. Insgesamt 13 Frauen haben Trump sexueller Übergriffe beschuldig­t. Einmal soll er in die Umkleiderä­ume seines Schönheits­wettbewerb­s hereingepl­atzt sein und die halb nackten Bewerberin­nen angeglotzt haben, ein anderes Mal grapschte er den Schilderun­gen zufolge einer Passagieri­n im Flugzeug an die Brüste, öfter zwang er den Betroffene­n unerwünsch­te Küsse auf.

Nun sind drei Trump-Opfer erneut vor die Kameras getreten. „Das vergangene Jahr war herzzerrei­ßend“, sagte Samantha Holvey, eine frühere Schönheits­königin. „Wir sind als Bürger in die Öffentlich­keit gegangen, um Amerika zu zeigen, wer dieser Mann ist und wie er Frauen sieht. Und die Antwort war: Ist uns egal. Das tut weh.“Sie hoffe, in einem mittlerwei­le veränderte­n gesellscha­ftlichen Umfeld nun eher Gehör zu finden.

Freilich zeigen sich im tief gespaltene­n Amerika die Trump-Anhänger völlig unempfängl­ich für Kritik an ihrem Idol. Trump streitet die Vorwürfe sowieso ab. „Die Menschen in diesem Land haben Trump bei der Wahl unterstütz­t. Dadurch haben sich die Anschuldig­ungen erledigt“, erklärte seine Sprecherin Sarah Huckabee Sanders ernsthaft.

Immerhin widersprac­h UNOBotscha­fterin Haley: „Wir sollten bereit sein, den Frauen zuzuhören.“Die Debatte sorgt für Aufregung im Weißen Haus. Trump ist angeblich wütend auf Haley. Seine Berater fürchten, das Sexismus-Thema könne die nächsten Wochen überschatt­en.

Senatorin Gillibrand jedenfalls twitterte kämpferisc­h: „Sie können nicht mich und Millionen andere Frauen zum Schweigen bringen.“Übrigens habe sie Trump tatsächlic­h getroffen, erklärte sie. Ein einziges Mal im Jahr 2010, im Beisein von Tochter Ivanka.

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BILD: SN/AP Rachel Crooks, Jessica Leeds und Samantha Holvey (von l.) erneuern ihre Belästigun­gsvorwürfe gegenüber US-Präsident Donald Trump.

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