Ein Südstaat im Scheinwerferlicht
So viel Aufmerksamkeit bekommt eine Nachwahl zum US-Senat sonst nicht. Aber in Alabama steht viel auf dem Spiel.
Normalerweise steht der Bundesstaat Alabama im Süden der USA nicht im Zentrum des nationalen Interesses. Immerhin spielt der Kinoklassiker „Forrest Gump“hier (auch wenn er in South Carolina gedreht wurde), die Autobauer Mercedes und Honda haben zwischen endlosen Wäldern und Baumwollfeldern moderne Werke errichtet, und die Alabama Crimson Tides spielen guten Football. Doch viel mehr weiß der Durchschnittsamerikaner nicht über das Land mit seinen 4,8 Millionen Einwohnern.
In den vergangenen Wochen aber ist der erzkonservative Südstaat, wo Präsident Donald Trump bei der Präsidentschaftswahl 62 Prozent der Stimmen holte, zum Topthema geworden. Keine Fernseh-Talkshow, keine überregionale Zeitung kam an den Nachwahlen für den US-Senat vorbei. Das liegt vor allem an dem republikanischen Kandidaten Roy Moore, der im Verdacht des Kindesmissbrauchs steht und von führenden republikanischen Senatoren in Washington zum Rückzug aufgefordert wurde. Präsident Trump hatte in den Vorwahlen zunächst den Gegenkandidaten von Moore unterstützt, sich dann kurzfristig neutral verhalten, war am Ende aber zum offenen Wahlaufruf für Moore übergegangen. Damit hatte der Urnengang im tiefen Süden eine nationale Symbolwirkung: Der 70-jährige Moore ist nicht nur ein religiöser Eiferer, der gegen Ausländer, Schwule und die säkulare Rechtsordnung wütet. Er trat als Vertreter des radikal-populistischen Republikaner-Flügels an. Die Gegner des Mannes, der als oberster Richter Alabamas zwei Mal wegen Verfassungsbruchs aus dem Amt entfernt wurde, waren die Demokraten, die angeblich linken Medien und die gottlose Gesellschaft – ebenso das Establishment der Republikanischen Partei. Sein Sieg, so wurde vor Schließung der Wahllokale bereits vorausgesagt, werde der Republikanischen Partei einen möglicherweise unheilbaren Schlag versetzen.
Doch auch die Demokraten verfolgten die Wahl in Alabama mit großer Anspannung. Sie befinden sich in einem Dilemma: Um die eigene Basis zu mobilisieren, müssen sie mit klaren Konturen eher nach links rücken. Für diesen Weg entschied sich ihr Kandidat, der 63-jährige Ex-Staatsanwalt Doug Jones, der offen für das Recht auf Abtreibung eintrat und vor allem schwarze Wähler umwarb. Damit war er für viele unabhängige Wähler oder enttäuschte Trump-Anhänger wenig attraktiv. Das Ergebnis von Alabama dürfte einen Hinweis geben, welche Strategie mit Blick auf die Kongresswahlen im nächsten Jahr erfolgversprechender ist.