Salzburger Nachrichten

Katalonien verliert Streit um Kunst

Spaniens Regierung ließ 44 Kunstschät­ze aus der Region abtranspor­tieren.

- SN, dpa

Die Krise um die Unabhängig­keitsbestr­ebungen der spanischen Region Katalonien hat nun konkrete Auswirkung­en auf die Kunstwelt: 44 Kunstschät­ze, die bisher im Diözesanmu­seum der katalanisc­hen Stadt Lleida zu sehen waren, mussten an Aragonien zurückgege­ben werden. Unter heftigen Protesten von Demonstran­ten waren Experten zu Wochenbegi­nn stundenlan­g damit beschäftig­t, die fragilen Exponate zu verpacken.

In Begleitung von Polizisten seien die Techniker bereits um vier Uhr morgens angerückt, um mit ihrer Arbeit zu beginnen, berichtete­n spanische Medien. Montagmitt­ag wurden erste Exponate aus dem Museum getragen und in Kleinlaste­r verladen. Der entmachtet­e katalanisc­he Ex-Präsident Carles Puigdemont, der sich nach Brüssel abgesetzt hat, kritisiert­e auf Twitter, die Zentralreg­ierung habe „im Schutze der Nacht“damit begonnen, „Katalonien ungestraft zu plündern“. Er sprach von einem „Staatsstre­ich“. Am Nachmittag erreichten die Laster das Kloster Santa María de Sigena in Aragonien, aus dem die Artefakte ursprüngli­ch stammen. Die dortige Kulturbeau­ftragte sprach von einem „historisch­en Tag“.

Jahrzehnte­lang hatten die nordostspa­nische Region und das angrenzend­e Aragonien um die Kunstschät­ze gestritten, die während des Spanischen Bürgerkrie­gs aus dem Kloster in Villanueva de Sigena entfernt und nach Katalonien gebracht worden waren. Kürzlich hatte ein Gericht entschiede­n, dass die Werke zurückgege­ben werden mussten.

Die Zentralreg­ierung in Madrid hatte Ende Oktober nach einem Unabhängig­keitsbesch­luss des katalanisc­hen Parlaments die Regionalre­gierung entmachtet und die Kontrolle in der Region übernommen. Nun ist der spanische Kulturmini­ster Íñigo Méndez de Vigo für die Museen zuständig – und der ordnete nach dem Urteil an, die Rückgabe umgehend einzuleite­n. Die Regionalre­gierung hatte jahrelang mit allen juristisch­en Mitteln versucht, dies zu verhindern.

Vor dem Museum hatten am Montag Hunderte Demonstran­ten versucht, den Abtranspor­t zu verhindern. Die Polizei war mit einem Großaufgeb­ot im Einsatz. In Villanueva de Sigena feierten Einwohner die Rückkehr der Kunstwerke.

Konkret geht es um drei hölzerne Sarkophage aus dem 15. Jahrhunder­t, Teile eines Alabaster-Altars sowie Gemälde aus dem 18. Jahrhunder­t. Die Behörden in Katalonien hatten stets argumentie­rt, die Werke seien zu zerbrechli­ch, um einen Transport zu überstehen. „Ich bin sehr traurig, wir fühlen uns wehrlos“, sagte die Ex-Direktorin des Museums, Montse Macià.

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BILD: SN/AP Hunderte Katalanen demonstrie­rten gegen die „Plünderung“.

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