Die zweite Generation holt in der Bildung auf
Ein Soziologe hat analysiert, was sich in zehn Jahren tat: Die Problemgruppen werden kleiner.
Nicht-Bildung wird nicht zwangsläufig vererbt. Das zeigt eine Analyse des Soziologen August Gächter. Er hat sich angeschaut, wie sich der Anteil der Jugendlichen, die nach der Pflichtschule keine weitere Ausbildung machen, zwischen 2006 und 2016 verändert hat. Und siehe da: Er sank fast durch die Bank – besonders stark bei den Problemgruppen: den Kindern türkischer und serbischer Migranten.
War Mitte der 2000er-Jahre im Schnitt noch für 35 Prozent der Kinder türkischer Zuwanderer nach der Schulpflicht Schluss mit Ausbildung, womit sie bestenfalls Hilfsarbeiter werden konnten, sank der Anteil binnen zehn Jahren auf 23 Prozent. Das sei zwar immer noch sehr hoch, bekennt Gächter, der Rückgang in so kurzer Zeit aber „spektakulär“zu nennen.
Bildungsmäßig besonders spektakulär holte die zweite Generation türkischer Migranten in Vorarlberg auf, wo sehr viele Menschen mit Wurzeln in der Türkei leben: 2006 konnten 44 Prozent der 15- bis 19Jährigen maximal einen Pflichtschulabschluss vorweisen, 2016 waren es nur noch 14 Prozent. Eine völlig entgegengesetzte Entwicklung gab es in der Steiermark, wo der Anteil der kaum gebildeten türkischstämmigen Jugendlichen von 35 auf 40 Prozent stieg; allerdings war er zwischendurch noch höher.
Enorm war die Entwicklung bei den türkischen Mädchen: Der Anteil der Teenies, die keinen über die Pflichtschule hinausgehenden Abschluss in der Tasche haben, sank im Österreich-Schnitt von 50 Prozent auf knapp unter 20 Prozent. Damit sind die Töchter türkischer Zuwanderer unterdessen besser ausgebildet als die Söhne, bereits 2012 zogen die Mädchen an den Burschen vorbei.
Bei den serbischen Migranten sank der Anteil der hier geborenen, aber kaum gebildeten Kinder zwischen 2006 und 2016 von 30 auf knapp unter 20 Prozent, bei den Bosniern von 15 auf zwölf Prozent und bei den Österreichern von sieben auf sechs Prozent.
Da die besser gebildeten Jugendlichen von heute die Eltern von morgen sind, geht Soziologe Gächter davon aus, dass sich der Anteil der Nicht-Gebildeten (= maximal Pflichtschule) bis Ende der 2020erJahre angleichen und letztlich bei rund vier Prozent liegen wird – sofern die Massenmigration des Jahres 2015 nicht zu Verschiebungen führt. Die Analyse auf der Homepage der Medienservicestelle Neue Österreicher/innen abrufbar.