Droht Gas-Engpass nach Explosion?
Ein Todesopfer, ein Schwerverletzter, 20 Leichtverletzte: Das ist die schreckliche Bilanz der Explosion einer Gasstation. Die Folgen sind weit über die Grenzen hinaus spürbar.
Autos mit geschmolzenen Karosserieteilen, die an Kerzenwachs erinnern. Zerborstene Fenster und enorme Sachschäden. Es war ein Bild der Zerstörung, das sich den Einsatzkräften am Dienstag auf dem Gelände einer Erdgasstation im Marchfeld bot.
Um neun Uhr morgens war aus noch ungeklärter Ursache im westlichen Teil des Areals in der Katastralgemeinde Baumgarten von Weiden an der March (Bezirk Gänserndorf) eine Gasleitung im Freien explodiert – die Polizei geht von einem technischen Gebrechen aus. Ein Großbrand war die Folge. Das Feuer erfasste sechs Objekte, die zum Teil in Vollbrand gerieten. „Wir haben sofort die Rettungskette in Gang gesetzt“, sagte Niederösterreichs Polizeisprecher Heinz Holub. Insgesamt wurden 22 Feuerwehren mit 240 Mann und 14 Polizeistreifen alarmiert, das Rote Kreuz rückte mit 40 Mitarbeitern aus. Zwei Rettungs-, ein Polizeihubschrauber, zwei Notarzteinsatzfahrzeuge und zwölf Rettungswagen wurden aufgeboten.
Für einen Mann aus Österreich, der für eine Fremdfirma arbeitete, kam jedoch jede Hilfe zu spät. Ein weiterer Mitarbeiter des Betreibers Gas Connect Austria wurde mit schwersten Verbrennungen ins AKH nach Wien gebracht. 20 weitere Personen wurden leicht verletzt. Darunter offenbar auch zwei Monteure. Denn aktuell werden in der Gasstation Ausbauarbeiten durchgeführt. Auch die Explosion soll im Baubereich erfolgt sein. „Aber am Tag des Unglücks gab es keine Bauarbeiten“, sagte Gas-Connect-Geschäftsführer Stefan Wagenhofer. „Wir sind zutiefst betroffen. Es ist in unserem eigenen Interesse, den Unfall genau zu untersuchen“, so der Sprecher der Gas Connect Austria, Armin Teichert.
Während die Suche nach der Unglücksursache auf Hochtouren läuft, sind die Folgen des Unglücks weit über die heimischen Grenzen spürbar. Denn die Gasstation Baumgarten ist die größte Import- und Übernahmestation für Erdgas in Österreich. Vereinfacht ausgedrückt: Gas wird hier wie in einer Art Drehscheibe aufbereitet und dann an die verschiedenen Länder weitergeleitet. Wie empfindlich die Explosion den russischen Gasexport nach Süd- und Südosteuropa durcheinanderbringt, zeigten diverse Meldungen am Dienstag.
Die Gazprom-Tochter Gazprom Export teilte mit, man arbeite daran, Umgehungsrouten zu finden, um Lieferengpässe zu vermeiden. Aus der Ukraine, dem Haupttransitland für russisches Gas, floss nach slowakischen Angaben am Dienstag ein Drittel weniger Erdgas Richtung Westen als noch am Montag.
Von Österreich aus sei der Weitertransport nach Süden und Südosten bis auf Weiteres beeinträchtigt, hieß es auf der Homepage von Gas Connect Austria. Das betraf unter anderem die Slowakei, Slowenien, Ungarn und Kroatien.
Auch Italien war als Empfängerland betroffen. Die täglichen Lieferungen seien von 113,5 Millionen auf 14 Millionen Kubikmeter Gas gesunken, teilte der örtliche italienische Transporteur Snam Rete Gas mit. „In Österreich ist die Gasversorgung auf absehbare Zeit garantiert“, sagte Sprecher Teichert.
Unterdessen zogen die Gaspreise in Europa scharf an. In Italien stieg der Großhandelspreis um 87 Prozent auf 44,50 Euro je Megawattstunde. Der Preis für britisches Gas zur sofortigen Lieferung schnellte um 32 Prozent nach oben.
„In Österreich ist die Gasversorgung auf absehbare Zeit garantiert.“
Armin Teichert, Gas Connect Austria