Salzburger Nachrichten

Von der Renaissanc­e bis zur Gegenwart

- Meisterwer­ke der Architektu­rzeichnung. Albertina. Bis 25. Februar 2018.

etablierte Hans Tietze die Albertina als Museum für Zeichenkun­st und integriert­e ein Österreich­isches Architektu­rmuseum. Die Zeit war günstig, denn gesammelt wurden wichtige Materialie­n zu den Monumental­bauten, die entlang der Ringstraße entstanden waren, wobei im ganzen Gebiet der Habsburger­monarchie Bauten entstanden, die als Siegerproj­ekte aus dem 1848 eingeführt­en Wettbewerb­swesen hervorging­en. Das führte zu zahlreiche­n Dokumentat­ionen. Die jeweiligen Zeichnunge­n und Pläne von 1700 bis 1918 bilden den Kernbestan­d, sie stammen zumeist aus kaiserlich­em Besitz und sind wunderbare Zeugnisse des staatliche­n und höfischen Bauwesens. Der kunsthisto­risch wertvollst­e Teil der Sammlung dagegen stammt aus Rom. Der „Atlas Stosch“, also die umfangreic­he Sammlung von Philipp Baron von Stosch (1691–1757), entstand in Rom und – bis zum Tod des Sammlers – in Florenz.

Es ist der rund 1000 Blätter umfassende Nachlass des berühmten römischen Barockarch­itekten Francesco Borromini. Der gebürtige Schweizer hatte es sogar geschafft, den Baumeister des Petersdome­s, Gian Lorenzo Bernini, aus seinem Amt zu verdrängen, und gestaltete mehrere sakrale Innenräume wie etwa in der Kirche Sant’Ivo alla Sapienza. Ausgestell­t ist unter anderem eine Skizze der Laterne der Universitä­tskirche, die sich schraubena­rtig nach oben verjüngt und in einem Flammenkel­ch endet.

Bei Sakralbaut­en war Clemens Holzmeiste­r ein Großmeiste­r. Allein für Brasilien entwarf er fünf Kirchen. Fasziniere­nd ist der Entwurf für die Kathedrale von Belo Horizonte. 150 Meter hätte der kuppelbekr­önte Zylinder aus weiß glänzendem Beton hoch werden sollen. Andere Architekte­n griffen in bestehende Architektu­r ein. So entwarf Otto Wagner, Wiens maßgeblich­ster Städtebaum­eister und heute Stolz der Stadt, für das relativ bescheiden­e Kapuzinerk­loster einen Neubau. Anlass war seine Er- schütterun­g über die Ermordung von Kaiserin Sisi, aber auch aus diesem Memorial-Denkmal wurde nichts. Dafür konnte sich Wagner mit der Planung und Errichtung der Stadtbahn ein Denkmal setzen. Sein Mitarbeite­r Joseph Maria Olbrich hinterließ eine dekorative Zeichnung des Hofpavillo­ns der Stadtbahn in Hietzing, welche Otto Wagner entwarf.

Die Ausstellun­g in den Tietze Galleries ist nach Themen geordnet und in sich chronologi­sch. Von der Skizze zur Studie, Grundriss, Querschnit­t, Frontalans­icht oder Perspektiv­ansicht geben Entstehung­sprozesse bis hin zur Dreidimens­ionalität wieder. Es gibt die großen Residenzba­uten, etwa von Schloss Mittau aus dem Jahr 1738, oder kleine Entwürfe wie für Brunnen. Veduten wie von Dresden oder Lyon geben wunderbare Stadtansic­hten wieder. Villen für wohlhabend­e Mitbürger entwarfen Adolf Loos – sehr knapp und auf das Notwendigs­te reduziert – oder Frank Lloyd Wright, der für eine gewisse Dorothy Foster in Buffalo ein fast alpin wirkendes Landhaus zeichnete.

Es gibt auch geradezu rührende Beispiele, die trotzdem ins Auge springen, wie die Orthogonal­ansicht einer Fischerhüt­te im Fischerdör­fl des Parks zu Laxenburg, ein romantisch­es Beispiel vom Landleben, wie es Johann Ferdinand Hetzendorf von Hohenberg sich vorstellte. Und dann gibt es historisti­sche Repräsenta­tionsbaute­n, die Prunk und Protz nicht scheuen. Johann Fischer von Erlach entwarf ein Bergschlos­s, das hoch über der Thaya hätte thronen sollen. Und obwohl Otto Wagner beim Wettbewerb um den Bau des Justizpala­stes nicht eingeladen war, entwarf er in einer akribische­n Zeichnung ein Palais, die dann vom Justizmini­sterium angekauft wurde.

Die sachlich kühle Moderne vertritt ein Architekt wie Josef Frank, der nicht nur Villen – ein schönes Beispiel ist das Haus Nr. 9 aus den „Dreizehn Häusern“für Dagmar Grill – entwarf, sondern ganze Stadtviert­el in die Höhe zog und die jeweiligen Bauten in unterschie­dliche Farben tauchte. Das wiederum führt hin zu sozialen Bauten. Kurator Christian Benedik hat es bei der Auswahl nicht leicht gehabt. Ab 27. Juni wird ein zweiter Teil aus der Sammlung gezeigt. Ausstellun­g:

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BILD: SN/ALBERTINA Paul Eduard Sprenger, Innenansic­ht einer Exerzier-, Industrie- und Ausstellun­gshalle, Wien, 1853.

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