Ein Leben für den Christbaum
Johann Siebenhandl verkauft seit 47 Jahren Christbäume. Die gesamte Familie hat sich dem nadeligen Geschäft verschrieben, hinter dem ein Ganzjahresbetrieb steckt.
Vom Jauerling kommt der pensionierte Gastwirt, wo er rund um Maria Laach auf zehn Hektar Grund knapp 80.000 Christbäume großzieht und etwa 4000 pro Jahr schneidet. Dass er ausgerechnet am Graben steht – und das schon fast drei Jahrzehnte lang –, ist für ihn weder Vorteil noch Nachteil. Es ist Fakt. Den vom Marktamt zugewiesenen Standplatz hat er vom Cousin seiner Frau übernommen. Die steht übrigens auf der anderen Seite der Pestsäule, ebenfalls mit rund 300 Bäumen. Und das schon seit dem U-Bahn-Bau in den 1970er-Jahren. Der Sohn hat seine Zelte bei der Pilgramgasse und am Radetzkyplatz aufgeschlagen.
Die Siebenhandls haben es mit Christbäumen seit eh und je. Begonnen hat alles mit dem Schwiegervater. Mittlerweile ist auch er, Johann, stolze 47 Jahre im Geschäft. „Christbäume“, sagt Siebenhandl, „das ist nicht nur Abschneiden und Verkaufen.“Es ist ein Ganzjahresbetrieb. Schließlich muss penibel darauf geachtet werden, dass die Kulturen sauber bleiben, nicht verwuchern. Es muss viel gemäht und zugeschnitten werden. Obwohl der heurige Sommer sehr trocken war, sind die Bäume richtig saftig und schwer. Das sei dem feuchten Herbst geschuldet, das Holz ist wunderbar vollgesogen.
„Grüß Sie, gnä’ Frau!“Stammkundschaft – ein nicht unwesentlicher Teil der Käuferklientel. Es wird ein bisserl geplaudert, gekauft noch nicht. Johann Siebenhandl ist geduldig. „Unruhig werde ich nur, wenn die Leute alles beim Nachbarn kaufen und bei mir nichts.“Vor 30 Jahren, erinnert er sich, da lief das Geschäft sagenhaft schlecht – bei allen. „Warum? Keine Ahnung! Aber die Christbaumverkäufer haben damals noch zu viel gejammert.“Wer seiner Kundschaft andauernd nur klage, wie schlecht der Laden laufe, der dürfe sich nicht wundern, wenn das die Runde mache und im Endeffekt niemand mehr komme und kaufe.
Als wollten sie ihren Ziehvater vor dem Einkaufstrubel am Graben abschirmen, haben sie sich aufgepflanzt und stehen stramm, die bis zu vier Meter hohen Tannen. 20 Jahre, wahrscheinlich mehr, benötigten sie, um so groß zu werden. Johann Siebenhandl verweist auf das Gütesiegel, das alle seine Zöglinge tragen, und sinniert über die Konkurrenz durch die Baumärkte.
Zehn Stunden stehen die Siebenhandls nun jeden Tag am Graben. Bis 23. Dezember. „Am 24. stehe ich schon seit Jahren nicht mehr.“Da bringt er seine Christbäume nicht mehr an die Wienerin und den Wiener. Der Sohnemann hingegen hält auch am Heiligen Abend die Stellung. Dafür fängt er zwei Tage später an. So viel zu den Unterschieden der Standplätze.
Der Graben hat seine eigenen Gesetze. Die Sache mit der Fußgängerzone zum Beispiel. Eine Vier-MeterTanne nach Hause zu zerren ist nicht empfehlenswert. Deshalb liefert Siebenhandl seine Produkte auch aus.
Eine kleine Hütte, wo die wichtigsten Dinge verstaut sind, die beiden Trichter und zwei Heurigenbankerl samt Tisch. Mehr braucht Johann Siebenhandl auf seiner Insel nicht. Und sollte die Menschenflut in einigen Tagen all seine nadeligen Beschützer hinfortgespült haben, so wird er es wohlwollend zur Kenntnis nehmen.