Pausen sind gut – wenn man selbst bestimmt, wann man sie macht
Mobiltelefon, E-Mail & Co. sind ein Segen – aber sich davon vereinnahmen zu lassen ist ungesund und schädlich für die Wirtschaft.
Fast jeder kennt das. Man sitzt vor dem Computer oder einem Blatt Papier und versucht, einen klaren Gedanken zu fassen. Man hat etwas im Kopf, das man notieren will – genau in diesem Moment blinkt eine E-Mail auf dem Bildschirm auf. Man überlegt kurz, sie zu ignorieren, aber da ist es bereits zu spät. Man öffnet die Nachricht und ärgert sich im selben Augenblick über sich selbst. Denn es war wie in neun von zehn Fällen völlig unnötig, diese Nachricht zu lesen. Und der Gedanke? Der ist weg.
Mühsam nimmt man seine Arbeit wieder auf, man wirft ein paar Sätze hin – da ertönt ein kurzes Signal, und auf dem Mobiltelefon, das stets in Griffweite liegt, erscheint eine Nachricht. Das könnte wichtig sein, also nichts wie angetippt – und tatsächlich ist eine sofortige Antwort notwendig. Dabei bleibt es nicht, weil das Gegenüber retour meldet und man seinerseits wieder darauf antwortet. Irgendwann ist die kurze Konversation dann doch beendet, man wendet sich wieder seiner eigentlichen Arbeit zu. Das heißt, man beginnt wieder von vorn. Dieses Spiel wiederholt sich zigmal am Tag, bei vielen Arbeitnehmern setzt es sich in der Freizeit nahtlos fort. Da sind die diversen Social-Media-Dienste noch gar nicht berücksichtigt, bei denen Menschen in ständiger Angst leben, sie könnten etwas Wichtiges versäumen, obwohl gerade dort besonders viel irrelevante Information im Umlauf ist. Das kann nicht gesund sein, und ist es auch nicht.
Der Ökonom Dan Nixon, der bei der Bank of England arbeitet, geht in einem kürzlich veröffentlichten Papier darüber hinaus der Frage nach, ob die „Krise der Aufmerksamkeit“auch nachteilige Folgen für die Volkswirtschaft hat. Die permanenten Ablenkungen könnten, so schreibt Nixon, auf zweifache Art der Produktivität von Arbeitnehmern abträglich sein. Der eine Kanal sei die simple Tatsache, dass Ablenkungen die tatsächlich gearbeitete Zeit reduzierten. Noch dazu, wenn man davon ausgehe, dass es bis zu 25 Minuten dauere, bis man nach einer Unterbrechung zur ursprünglichen Aufgabe zurückkehre. Laut einer anderen Studie reduziert die Flut an Telefonaten, Nachrichten und E-Mails die Leistungsfähigkeit von Arbeitnehmern so stark, als hätten sie eine Nacht lang nicht geschlafen. Der zweite Effekt auf die Produktivität ergibt sich daraus, dass Ablenkungen weitere Ablenkungen nach sich ziehen. Je mehr Informationskanäle man im Auge behalten muss, umso öfter switcht man zwischen ihnen hin und her. Mit dem Resultat, dass man alles halb und nichts mehr ganz tut.
Manchmal ist Ablenkung die einzige Möglichkeit, eine Denkblockade zu überwinden. Es ist daher sogar ratsam, hin und wieder innezuhalten und die Arbeit kurz ruhen zu lassen. Kein Zweifel, Pausen sind notwendig und gut. Aber nur, wenn man selbst bestimmt, wann man sie macht. Diese Souveränität über die eigene Zeit darf man nicht aus der Hand geben.