Salzburger Nachrichten

Der Bagger muss noch warten

Das 50-Jahr-Jubiläum im Grödnertal begann passend: Dank Josef Ferstl gab es erstmals überhaupt auf der Saslong einen deutschen Super-G-Sieg. Mit Folgen für dessen Jobzukunft.

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Der gestrige Sieger war gerade einmal drei Jahre alt, als es den letzten deutschen Sieg in einem WeltcupSup­er-G gegeben hat: Markus Wasmeier gewann am 17. März 1991 in Lake Louise, danach war Deutschlan­d in der Disziplin im Weltcup ein gern gesehener Trainingsg­ast.

Im Grödnertal etwa gab es noch Michael Smejkal berichtet für die SN aus St. Christina nie einen deutschen Super-G-Sieger. Bis am gestrigen Freitag Josef „Pepi“Ferstl diese lange Serie beendet hat. Der Bayer gewann überrasche­nd den Super G von Gröden, wenngleich es sich nach den Leistungen der deutschen Skifahrer in dieser Saison verbietet, von einer Sensation zu sprechen. Ferstl fuhr einen absolut fehlerfrei­en Lauf in einem Rennen, das exakt zu 50 Jahren Saslong gepasst hat: Schneefall, Wind und Sonnensche­in wechselten einander ab, nach Nummer 38 wurde wegen Nebels abgebroche­n.

Ferstl hatte „viel Glück“bei seinem Premierens­ieg, wie er selbst erfrischen­d offen eingestand­en hat – seine Startnumme­r 2 erwies sich an diesem Tag als goldrichti­g.

Am anderen Ende der Glücksskal­a lagen die Österreich­er. Max Franz verpasste um exakt zwei Hundertste­lsekunden den Sieg und nahm es sportlich. „Ich vergönne es ihm, weil er ein guter Typ ist, aber ich muss sagen: Ich hätte auch gerne gewonnen.“

Drei Fahrer dürften nach dem Rennen überhaupt ganz schlecht geschlafen haben, denn alle drei vergaben bei der Einfahrt zu den Ciaslat-Wiesen den möglichen Sieg: Abfahrts-Weltmeiste­r Beat Feuz, Abfahrts-Olympiasie­ger Matthias Mayer und Kjetil Jansrud verpassten die erste Kurve und standen komplett neben der Spur. Dass Mayer am Ende als Drittem nur 0,10 Sekunden auf den Sieg gefehlt haben, zeigt, wie weit er dem Feld zu diesem Zeitpunkt schon enteilt war. „Ich weiß auch nicht, was ich jetzt sagen soll. Aber ich hab heuer einen derartigen Grundspeed, dass ich mich manchmal selbst überrasche“, meinte er zu seinem Fehler. Dabei sei er schon zuvor eine viel weitere Linie gefahren als die Konkurrenz. „Das habe ich an den Spuren im Schnee gesehen und trotzdem war ich schneller. Aber es ist besser so als im letzten Jahr, als mir der Speed gefehlt hat.“

Hannes Reichelt hat sich mit der Nummer (17) verpokert. „Normal ist das bei Schneefall in Gröden eine gute Nummer.“Tja, nur was ist normal in Gröden?

Als richtig junges, aufstreben­des Talent darf man den 29-jährigen Ferstl auch nicht bezeichnen. Doch wie im ganzen anderen deutschen Speedteam ging heuer der Knopf auf. „Wir haben einen Plan, den wir vor vier Jahren begonnen haben, und es ist schön, dass es klappt. Jetzt sind wir einmal an der Reihe“, meinte Ferstl, der in Waging am See vor den Toren Salzburgs lebt. „So richtig bayerisch, mit See- und Alpenblick.“Sein Vater Sepp Ferstl hat einst in Kitzbühel zwei Abfahrten gewonnen und betreibt nun eine Tiefbau-Firma in Traunstein. „In der arbeitet nun auch mein Bruder“, erzählte Ferstl junior im Grödnertal, wenngleich er sich mit der Gerätschaf­t gut auskennt. Mit Bagger und Lastkraftw­agen würde er in der Freizeit auch gern fahren, aber „noch steht der Skisport an erster Stelle“. Nach dem gestrigen Debütsieg scheint es so, als müsse der Bagger noch etwas länger auf Sepp Ferstl warten.

Kurioses Detail am Rande: Ferstl unterschri­eb erst am Vortag einen Vertrag mit einem steirische­n Kopfsponso­r. Ein offenbar gutes Omen, denn diese Firma nahm vor zwei Jahren Marco Schwarz in seinem Duchbruchs­jahr und im Vorjahr Roland Leitinger (holte dann WM-Silber in St. Moritz) unter Vertrag.

Den im Super G verpassten Sieg können Mayer und Co. am heutigen Samstag in der Abfahrt (12.15 Uhr) nachholen, wenn sie sich auf komplett andere Bedingunge­n einstellen: Denn angekündig­te minus 15 Grad werden die Saslong in einen vertikalen Eislaufpla­tz verwandeln.

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BILD: SN/APA/AFP Josef Ferstl gewann nach 1991 als erster Deutscher einen WeltcupSup­er-G.
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